Into The Wild
Frontiers / VÖ: 12.4.2011
Süßer die Orgeln nie brüllten
Wo Uriah Heep draufsteht, ist Uriah Heep drin: Phil Lanzon wäre nach wie vor einer der besten Werbeträger für Hammondorgeln und ihre denkbar sinnlichste Spielweise, sowohl als Grundfarbe als auch im Solo. Mick Box pflegt nach wie vor die Grundhaltung: Gitarrensolo? Was ist das? Und tritt dafür breitbeinig aufs WahWah Pedal, und für die nächsten paar Takte ist gurgelnde, funkensprühende Achterbahn.
Weil der Fan genau das hören will, ist es gut so, kein Diskussionsbedarf. Der Kontrast zwischen Box‘ weitgehend sinnfreien Lärmetüden und Lanzons feinperligem Spiel ist (wie im Titelsong) durchaus reizvoll. Richtig gut wird es aber erst, wenn in ›Money Talk‹ auf einen pumpenden Offbeat Gitarre und Orgel unisono um die Wette bratzen. Das erreicht die zauberliche Qualität von ›Shadow‹ auf dem Vorgängeralbum oder gar des Uralt-Klassikers ›Rainbow Demon‹. Eine ähnliche Klasse hat auch das etwas leichtgewichtigere ›Lost‹. Wie überhaupt die Band immer dann am besten ist, wenn sie eher schräge Harmonien bemüht, und weniger auf zuckersüße Schönheit abfährt und dabei (›Believe‹) vergisst, dass der Refrain eine Steigerung zur Strophe sein sollte. Anderes wie ›Trail Of Diamonds‹ wirkt zerrissen. Als wären hier zwei verschiedene Songs willkürlich zu einem zusammengepappt worden. Klar ist Sänger Bernie Shaw als Pathos-Verbreiter über jeden Zweifel erhaben, aber Großtaten der Hymnendichtung wie ›What Kind Of God‹ auf Wake The Sleeper fehlen hier. In der Gesamtschau sind die beiden letzten Alben vergleichbar mit dem Paar Sea Of Light und Sonic Origami. Paart sich beim jeweils ersten songschreiberischer Ideenreichtum perfekt mit den Klang-Trademarks der Band und sorgt für eine kraftvolle Rückmeldung der Band, schwächelt das jeweils zweite leicht in punkto Songwriting.
8/10