Kein Song, nirgends
The Brew im Substage, Karlsruhe, 20.3.2014
Zwei Dinge fallen auf: Zum einen die Vorband, Kismet Ryding, die The Brew offenbar aus purer Sympathie auf diese Tour mitgenommen haben, oder weil sie auch aus dem nordostenglischen Grimsby stammen. Immerhin: sie haben einen schönen Namen und sie benehmen sich auf der Bühne wie Jungs, die zum ersten Mal einen Klassenausflug mache: Wild, ungestüm und doch ein bisschen schüchtern. Ihre Musik, ein uninspirierter Aufguss altertümlicher Rock-Spielweisen, klingt dann auch eher nach Schülerband.
Die zweite Überraschung ist das wirklich durch fast alle Altersklassen gemischte Publikum. Könnte es sein, dass die Besetzung der Brew, bei der Vater Tim Smith am Bass und Sohn Kurtis am Schlagzeug zusammen die Rhythmussection bilden, generationenübergreifendes Interesse erzeugt? Ist es die Sehnsucht der Alten, die eine Musik hören wollen, die sich so plakativ an die Vorbilder Led Zeppelin, Cream und Konsorten klammert? Oder die der Jungen, die solche Musik endlich mal von einem der Ihren – dem jungen Gitarrenhelden Jason Barwick – vorgesetzt bekommen wollen?
Der jedenfalls fühlt sich seiner Sache sicher. Er strahlt die Arroganz des jungen Jimmy Page aus, er ist gut am Instrument, und das alles weiß er wohl auch. Sein Spiel ist riffbetont, rau und schroff, allzu Eingängiges umschifft er großzügig. Was an sich ein löbliches Unterfangen ist. Aber schon nach einer Viertelstunde beginnt man sich zu fragen: Wo bleibt der Song? Die Band klebt Riff an Riff, das jeweils zweite hält sie wahrscheinlich für einen Refrain. Es gibt keine Spannung, keine zwingenden Hinführungen zu wohlgeplanten Eruptionen, und der einprägsame Chorus scheint für das Trio absolute No Go Area zu sein.
Die Barwick’schen Gitarrensoli – so wohlstrukturiert und klangmalerisch ausgetüftelt sie auch sein mögen: Sie sind einfach da, sie kommen aus dem Nichts und verschwinden wieder dorthin, wenn es das Arrangement befiehlt. Sie kennen nur selten das Herantasten, das Locken und Abstossen, den langen Weg zum Gipfel. Irgendwann nimmt man sie nur nach als fernes Rauschen wahr, als vage Reminiszenz an eine Art des Musizierens, die einmal revolutionär war und hier nur noch wie das Hin- und her schieben von vertrauten Floskeln ist. Vielleicht ist es dieser Wiederekennungswert, der das Publikum so überaus begeistert?
Vielleicht ist es aber auch nur das dichte Zusammenspiel, die abrupten, kantigen Wechsel und die schiere körperliche Präsenz der Musiker bei der Arbeit und der fette und doch sehr differenzierte Bandsound, der keinerlei Löcher kennt. Jeder der drei Musiker läuft durchgehend auf Vollleistung. Schön anzusehen, aber eigentlich erst die Grundvoraussetzung, um überhaupt lebendige Musik entstehen zu lassen. Stattdessen hantieren The Brew mit einer sorgfältig entstaubten Sammlung eifrig angelernter Versatzstücke und am Ende sogar mit einem Geigenbogen. Mit dem Jason Barwick sein Gitarre traktiert wie weiland Jimmy Page. Was quasi zwingend zu der Zugabe „Whole Lotta Love“ führt: Da erklingt das erste wirklich packende Gitarrenriff des Abends.