25.11.2019

Als Selbstverleger verlegt man schon gelegentlich was. Zum Beispiel sein Hirn. Bei der gut besuchten Lesung im Rahmen der Karlsruher Bücherschau lese ich einen Text über Glenn Hughes und mein wunderbarer musikalischer Beisitzer Volker Schäfer macht mich angesichts meiner Frage, ob er auch bei dem Konzert gewesen sei, darauf aufmerksam, er und ich hätten anschliessend noch länger draussen vorm Zelt gesessen und diverse musikalische und aussermusikalische Fragen zum Ereignis debattiert.

Und ausserdem habe er die ganze Dauer des Konzerts neben mir gestanden. Seltsam. Hatte nicht Bob Seger einst gesungen „Rock‘n‘Roll never forgets?“ Dann bin ich halt nicht Rock‘n‘Roll. So langsam merke ich, was beim Publikum unmittelbar ankommt: In erster Linie sind es tatsächlich die ironietriefenden Texte über Künstler, die man mag, aber nicht allzu ernst nehmen sollte – will sagen: Mittelalterkasperle wie Subway To Sally oder In Extremo. Manchmal funktioniert auch schon die Überschrift – wie im Falle Doro: „Das singende Schleudertrauma“, das funktioniert immer. Allerdings muss der Text dann auch halten, was die Überschrift verspricht. Und man muss sich gegen die Versuchung wehren, nur solche garantiert amüsanten Texte zu lesen, dann landet man irgendwann beim ausschließlichen Verlesen der empörten Leserbriefe. Das ist keine Comedy-Show, euer Ehren. Nein, nein, Rock‘n‘Roll ist doch eine ernste Angelegenheit!

Zum schweren Geschütz der feinsinnige Kontrast: Besonders Volkers erlesene Beatles-Umspielungen und Umspülungen sind bei gesetzt sitzenden Zuhörern der Bringer. Da könnte man die berühmte Stecknadel in der Hutschachtel implodieren hören. Ich konnte nicht umhin, den begeisterten Massen einen Vergleich anzudienen: Die Schäferschen Interpretationen hätten was von Rowohlt‘schen Übersetzungen. Über die einst irgendjemand (ich erinnere mich nicht mehr, wer) schrob: „Flann O‘Brien sollte man immer in der Übersetzung von Harry Rowohlt lesen, im Original verliert das so viel.“ Volker, der als einer der wenigen Beatles Fans Paul McCartney für den interessanteren Beatle hält, erzählt, dass er nächstes Jahr in den Abbey Road Studios aufnehmen wird, und ich kann die schöne Anekdote unseres letzte London-Urlaubs nachschieben. Da wollten wir am letzten Tag noch was erleben, und dachten an eine Besichtigung von Abbey Road. Ich schieb also eine SMS an Volker, ob man das denn besichtigen könnte. Er antwortete: Nein, aber ihr könnt Euch auf dem berühmeten Zebrastreifen davor totfahren lassen. Was wir denn auch versuchten. Es misslung. Volker jedenfalls träumt nun davon, Paul McCartney möge zufällig vorbeikommen, wenn er im Abbey Road Studio aufnimmt, und seine Beatles-Variationen loben. Ich glaube ganz fest daran. Am Dienstag davor hatte ich zusammen mit BNN-Kulturpapst h.c. Andreas Jüttner in der Geschäftsstelle quasi den offiziellen Stapellauf gefeiert. Tatsächlich mit einem Glas Rotwein. Ein Riesenspaß und super organisiert von der Chefin des Raumes, Christine Mayer.

Und Tage später gibt‘s schon wieder eine geradezu ekstatische eRezension. Nein, ich habe die Kollegen nicht gekauft. Ehrenwort. Freitag kam eine Mail von einer Buchhandlung aus Bruchsal: Zwei Leute hätten das Buch gesucht und nicht gefunden. Ja, sowas: ich sattelte unvermittelt mein Pferd und lieferte aus. Jo! Man muss um jeden einzelnen Leser kämpfen! Fast so gut wie Musik machen, das….

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