eingestellt am 10.10.2024

Was sagt Tex Dixigas, wenn er nach seinem Beruf gefragt wird? „Ich bin Schallplattenhändler. Ich sammle erstmal, und wenn ich was gekauft habe, wird es für meine Sammlung gerettet und das andere Zeug wird verkauft. Ich habe also das Hobby zum Beruf gemacht und vielleicht ein bisschen übertrieben.“ In seinem mit Vinyl vollgestopften Laden, den er mit seinem Geschäftspartner Marco Sommer nahe beim Karlsruher Hauptbahnhof betreibt, findet sich Gängiges, aber auch Rares und Schräges in großer Auswahl.

Auf seinem Label Red Lounge Records veröffentlicht er Musik von Punk bis Psychedelia. Immer wieder veranstaltet er spaßige Plattenversteigerungen unter dem Motto „Top oder Flop“ bei denen er als Auktionator komödiantisches Talent zeigt. Auf youtube veröffentlicht er gelegentlich Videos zum Thema Velvet Underground und Umfeld.
Die Leidenschaft Schallplatte begann bei ihm früh: „Als ich sieben war, habe ich die zweite Single der Toten Hosen gekriegt. Freunde eines Bruders meinten: ‚Oh, die is‘ gut, verkauf’sch die?’ Da habe ich gewusst, ich hab’ was Gutes.“
Von da an war er Sammler. Aber wie definiert er eigentlich den Begriff? „Differenziert. Ich sammle Bands wie Velvet Underground, da ist Komplettheit das Ziel. Selbst wenn Lou Reed nur ins Mikrofon gefurzt hätte, kaufe ich das. Soul-Platten sammle ich zum Auflegen. Ich brauche aber nicht alle Aretha Franklins. Da geht es nur darum, ob es tanzbar oder sexy ist. Und es gibt Bands, die ich mag, aber von denen ich nicht alles brauche“.
Anfang Oktober erscheint bei einem amerikanischen Label eine neue Archiv-Veröffentlichung aus dem Nachlass von Lou Reed. Weltweit wurden Sammle gebeten, dafür sehr gut erhaltene Platten zur Überspielung zur Verfügung zu stellen. Fünf solche Platten konnte er aus seiner Sammlung dazu beitragen. Aktionen wie diese sind möglich dank einer weltweit gut vernetzten Community: „Als ich jung war, gab es Velvet-Underground Sammler, die kannte ich ohne sie persönlich zu kennen. Weil das Legenden waren. Inzwischen schreibe ich mit vielen dieser Leute hin und her“. Mit solchen „Besessen“ kommuniziert er über Themen „wie zum Beispiel: Gibt es eine zweite Version von der Tonbandspule von der ersten Nico-Platte? Ab und zu kommt auch mal so einer durch die Ladentür und du wirst überrascht“, freut er sich.
Gesuchte Sammlerstücke sind teuer, aber „ein Sammler sagt: Okay, morgen wird nichts gegessen, ich kaufe jetzt diese Platte. Ein geiziger Sammler ist ein Trottel.“ Für die erste Velvet Underground-Single, mit Cover, amerikanische Pressung, würde er ein paar Tausender lockermachen, notfalls Freunde anpumpen. „Der größte Spaß am Platten kaufen ist doch: Du kaufst etwas, was gut oder bescheuert aussieht und du legst es zuhause auf und es fegt Dich weg. Weil es so gut ist oder weil es eine Überraschung ist. Ich hatte mal ein italienische Schlagersingle und auf der Rückseite war ein totaler Psychedelic-Brecher von einer Hippie-Band.“
Tex Dixigas hat aber auch durchaus Respekt vor Sammlern, die andere belächeln würden: „Ich bin überhaupt nicht arrogant gegen Ernst Mosch-Sammler. Ernst Mosch war zuerst ein großer Jazzer, der noch zu Schellack Zeiten mit Jazz-Größen Musik gemacht hat.“ Wieder was gelernt.

PERSÖNLICH

Geboren am 30.April 1974 in Karlsruhe. Früh berufener Plattenhändler, DJ, Auktionator und Sammler. Neben dem Abitur arbeitet er beim Music Pool, ist vorher als Austauschschüler in den USA und jobbt dort bei der Firma Dixigas. Schon mit 15 beginnt er, Platten zu sammeln. „ich hab efür Raritäten und Bootlegs richtig Geld ausgegeben. Ich habe ein Studium angefangen und abgebrochen, ich habe die Uni zweimal von innen gesehen“. Danach tingelt er durch die Welt, kehrt nach Karlsruhe zurück und macht mit dem Studio 1 den ersten eigenen Plattenladen auf. Heute betreibt er mit seinem Geschäftspartner Marco Sommer den Plattenladen Dixigas Records.

VORBILDER

„Aus Karlsruhe sind das eindeutig der Music Pool und Thomas Witzenbacher. Der hat dir immer Sachen aufgelegt, die du nicht kanntest, aber genau deinem Geschmack entsprachen. Und dann noch Miguel Rodriguez, ein international renommierter Sammler. Was Musiker und Bands angeht? Je obskurer, desto besser.“

MOTTO

„Stay Stupid“