Rory würde das gefallen

Gerry McAvoys Band Of Friends, Jubez, Karlsruhe, 11.3.2020

Am 14. Juni 1995 starb der irische Gitarrist Rory Gallagher. Noch heute, 25 Jahre später gilt er als eine Ikone. Gallagher gehörte zu den Gitarristen, die in den 70er Jahren den Blues auch für ein Rockpublikum massenkompatibel machten, und die Überlebenden dieses Massenpublikums strömen heute in fiebriger Erwartung zu den Konzerten, die Gerry McAvoy, Gallaghers Bassist von Anfang bis Ende, unter dem Etikett Band Of Friends veranstaltet. Ihre Erwartungen wurden am Mittwochabend im Jubez nicht enttäuscht – wo McAvoy genau die richtigen Friends auf geboten hat.

Brendan O‘Neill, der Drummer, hat von 1981 bis zu Gallaghers Tod in dessen Band gespielt. Paul Rose und Stefan Graf spielen die Gitarren. Zwei Gitarristen, um einen Rory darzustellen? Ja, das ergibt Sinn, denn der Schwerpunkt des Programms an diesem Abend liegt auf der am härtesten rockenden Phase Gallaghers um die lautstarken Alben „Photo Finish“ (1978) und „Top Priority“ (1979). Da sind zwei Gitarren hilfreich, um den Studiofassungen nahezukommen. Wobei jeder der beiden auch für sich die Musik allein in all ihrer rauen Schönheit darstellen könnte.
Zwar beginnt der Abend mit dem älteren „Messin‘ With The Kid“, bei dem McAvoy durchaus kraftvoll die Lead Vocals singt – schliesslich ist er der „Gastgeber“, aber mit „The Last Of The Independants“ und „Shin Kicker“ ist die Band im „Alle Regler auf elf“-Modus. So abgedroschen das klingen mag: Sobald Stephan Graf, der in Kleidungsstil und Frisur jeden Rory Gallagher-Ähnlichkeitswettbewerb gewinnen könnte, den Mund öffnet, hört man das Original, inklusive aller vokalistischen Manierismen.
Hier wird die Musik des Verstorbenen angemessen zelebriert, wobei die Gitarristen Respekt vorm Vorbild beweisen: Sie bleiben in Sound und Musik ganz nah dran, verleugnen aber ihre eigene Identität nicht. Zudem zollen sie sich gegenseitig Respekt: keiner nimmt dem anderen die Butter vom Griffbrett, sie verteilen die Solo-Anteile gleichmässig und stellen alles in den Dienst des Songs. Besonders gut kommt dieses Miteinander im balladesken „A Million Miles Away“, von McAvoy als „whisky drinking song“ angekündigt. Da verbindet sich höchste emotionale Wirkung aufs leuchtendste mit solidem Handwerk. Gut, manchmal übertreiben sie es auch: In „Moonchild“ solieren sie auch dann noch, wenn alle Ideen schon ausgewrungen sind. Aber die dürfen das. Warum? Weil sie es können.
Brendan O‘Neill am Schlagzeug erweist sich dabei als geradezu stoischer Timekeeper mit dem Pokerface eines alten weisen Mannes, der von hinten die Schlacht lenkt. Während Gerry McAvoy am Bass den immer zum Sprung bereiten Kampfhund gibt, dessen Sound dieses erweiterte Powertrio untenrum perfekt kittet, und der bei der breitbeinigen fetten Zugabenummer „Shadow Play“ auch noch deutlich jünger wirkt als die 68 Jahre, die er nun schon auf dem Buckel hat. Man kann sicher sein, Rory spielt im Rock‘n‘Roll Himmel Luftgitarre.