Kollektive Musiziersucht
Blues Caravan im Jubez, Karlsruhe, 2.2.2010
Effektheischende Breaks, eine dampfende Orgel, geradliniger Rhyrthmus und eine energiegeladen junge Frau aus Österreich, die aus eine kleine Dorf stammt, wo man in der Familie Hausmusik machte: Meena, Sängerin. Irgendwann, so die Legende, habe ihr der große Bruder ein Cassette mit Songs aus den 70ern geschenkt, unter anderem Hendrix „Voodoo Chile“. Damit hatte die junge Frau in etwa ihre Richtung gefunden. Die sich an diesem Sonntabend im Jubez vor allem als kraftvoller Bluesrock manifestiert, dem man nicht gerade Innovationsfreude nachsagen kann, aber dafür umso mehr Power.
Manch einer mag sich an die Stimme der legendären Maggie Bell (Stone The Crows) erinnert fühlen, Kritiker habe ihr auch schon eine Nähe zu Christine Perfect attestiert. In den Zeiten, als Fleetwood Mac noch eine Bluesband war. Nicht die schlechtesten Referenzen.
Wie aus einem nebelverhangenen Sumpf schält sich ein schweres, bleiernes Gitarrenriff heraus: lange, langsam, spannungsgeladen. Shakura s’Aida greift an: „Gonna Tell My Baby“. Mit dieser Stimme, die alle Facetten kann, und der Bühnenpräsenz eines Aphrodisiakums macht die Kanadierin dem Publikum in der ersten Reihe fast Angst. „I’m Gonna Take A Rice On A Slow Train“ singt sie, während Gitarristin Donna Grantis das Riff wie ein zügelnde schlang um den Groove wickelt, und damit die hocherotische Kraft ständiger Wiederholung zur Blüte bringt. Natürlich können Shakura und die Band auch funky, und ganz ohne Mikrophon (!), aber dieser Einstieg nach Maß ist einer der Höhepunkte den Abends.
Die Konstante in den Blues Caravan Shows ist Jahr für Jahr die Qualität der Band, die die Protagonisten des Abends begleitet. Die – wenn auch nicht immer gleich besetzt – für dieses wohlige Gefühl sorgt, dass der jeweilige Solist sich in ein wohlgemachtes Bett legen kann. Im Aufgebot sind neben der grundsolide Gitarristin Donnas Grantis, die vor allem durch ihr gut geerdetes Rhythmusspiel und wohlüberlegte Soli ohne Gitarren-Helden-Attitüde besticht, Bassist und Drummer Roger Innis und Dennis Palatin. Die beiden können je nach musikalischer Grosswetterlage sehr karg und trocken rocken oder gegebenenfalls auch flüssig und offen spielen. Keyboarder Johnny Dyke bekommt enorm viel Raum für seine Sioli eingeräumt, den er auch meistens sinnvoll nutzt, und damit den zeitgenössischen Blues-Sound hin zu dem typischen Classic Rock Klang der frühen siebziger Jahre verschiebt, für den ihn gerade das ältere Publikum liebt.
Coco Montoya ist im Gegensatz zu den Damen ein wahrer Veteran des Blues, er wurde bekannt durch die Gitarrenduelle die er sich mit Walter Trout bei John Mayall’s Bluesbreakers lieferte. Hier auf der Bluescaravan Bühne liefert er die musikalisch vielseitigste Vorstellung. Die Rhythmussection hat plötzlich eine vorher so nicht gehörte Leichtigkeit. Montoyas Gitarrenspiel ist kristallklar, transparent, wirkt wie ein endloses, sehr schnelles Solo, ohne auch nur einen Moment aufdringlich zu sein. Ganz unprätentiös kommen alle noch einmal zum Zugabenblock auf die Bühne. Und obwohl jeder für sich noch einmal glänzen darf, ist es doch die kollektive Musiziersucht, die am stärksten beeindruckt. Als wären sie alle zusammen seit Jahrzehnten eine Band.