Der unbekannte Gitarren-Star
Der Saarländer Thomas Blug verdient sein Geld als „Sound Designer“ und im Studio
Notiz: Das Porträt entstand auf Anregung von Rudi Metzler. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich meine, geschrieben habe ich es auf der Basis eines längeren Telefoninterviews, das ich mit Blug führte. Veröffentlicht wurde es wohl seinerzeit in den BNN. Ich hatte ihn vorher nicht gekannt, keinen Ton von ihm gehört. Seit diesem Porträt war ich angefixt und habe immer wieder geschaut, diesen wunderbaren Gitarristen in diversen Formationen live erleben zu können. Vielleicht ist dieses Porträt ganz interessant für Leute, die ihn – wie ich – auch erst spät entdeckt haben. Die Fotos dazu entstanden viele Jahre später, bei Konzerten in Karlsruhe und Remchingen.
Die Finger sausen über die Saiten, die Fender Stratocaster singt in erdigen, vollmundigen Ton. Hier schöpft einer aus dem Vollen: Wohlgesetzte Riffs, scheinbar mühelos pendelnd zwischen Lead und Rhythmusspiel. Präzision und Gefühl, die ganz Geschichte der Rockgitarre im Hinterkopf und was Eigenes daraus geformt. Ekstatische Soli mit kontrollierter Aggression gespielt. Ein Gitarrist der Extraklasse.
Ein Kritiker hört in seinem Gitarrenspiel „den Dialekt Jeff becks, die Tijuana Wärme Carlos Santanas und das Kifferherz Pink Floyds“. Das kann man so stehen lassen. Wenn er auf internationalen Musikmessen die Verstärker der Firma vorführt, deren freier Mitarbeiter er ist, fragen die Zuhörer „Wer ist dieser Typ?“ Der Typ, der wirkt wie ein ewiger Schuljunge, heißt Thomas Blug, ist 1966 im Saarland geboren und ein vielgefragter Studio- und Live-Gitarrist. Als Sound-Designer hat er Jingles (z.B. ‚Das Aktuelle Sportstudio‘), Film- und Fernsehserien-Soundtracks (z.B. für ‚Die Oase‘ und ‚Hart an der Grenze‘ beide ARD) gemacht. Als Gitarrist war er mit Tic Tac Toe, den Rainbirds un Purple Schulz auf Tour. Er hat für die No Angels, Uwe Ochsenknecht. Percy Sledge und Hazel O’Connor gearbeitet und 2004 wurde er gar zum „besten Stratocaster-Spieler“ gewählt und trat aus mit Jeff Beck und Musikern von Queen auf.. Wenn man jemanden wie ihn einen „unbekannten Superstar“ nennt, mag das reißerisch klingen, aber es trifft den Kern.
Als Schüler im Saarland startet er Anfang der 80er in einer Coverband, einer der Mitmusiker hat durch eine Musikverlag Kontakte zu einem Produzenten, und schon findet sich der 16jährige als Studiogitarrist auf einer Schlagerproduktion. Musikalische Berührungsängste hat er nie gekannt: „Ich bin in Studenten-WGs aufgewachsen, mein Vater ist ein klassischer 68er, ich hab die Platten gehört, die eine Generation vor mir geprägt haben. Mein erster Gitarrenheld war Axel Heilhecker, der Gitarrist von Wolf Maahn.“ Den kann man heute bei Harald Schmidt sehen. Auch einer mit diesem warmen Sound. Die 80er Jahre haben Thomas Blug ebenso geprägt: Er scheut sich nicht seine frühe und nie erkaltete Liebe zu Jean Michel Jarres „Oxygene“ zu bekennen. In seiner Welt gibt es nur Songs. „In welches Gewand sich das verpackt ist eigentlich egal. Ich habe für SNAP im Studio gespielt, die brauchen zwei Tage, um eine Streicherlinie hinzukriegen. Das ist dann eben auch durchdacht, und sitzt.“ Eine Leistung, die er nicht genauso schätzt wie ein ausgedehntes Gitarrensolo aus den Late Sixties.
Die Einstellung hilft im Studio: „Ich bediene jede Art Pop im weitesten Sinne: Pop, Rock, Reggae. Ich kann etwas eigenes anbieten. Ich bin aber auch in der Lage, die Sicht eines Produzenten zu sehen.“ Wieviel Handwerk Kunst zu Kunst werden lässt, das müsse jeder Musiker selbst wissen: „Musik ist eine Sprache. Damit man sie sprechen kann, braucht man ein paar Vokabeln. Ich kann es eloquent machen oder so, dass es auf der anderen Seite ankommt. Mit den Vokabeln eines vierjährigen kann man bedeutendes sagen!“ Die Gratwanderung zwischen Kunst und Kommerz scheint für Blug kein Thema zu sein. Er bekennt offen: „Als Deutscher aus der Mittelschicht hat men eben ein gewisses Sicherheitsbedürfnis“, zum anderen hat er seine Band: Spannende Instrumentalmusik ohne Scheuklappen, in der er alles zeigen kann, was er auf seinem Instrument kann, die aber nicht nach „Gitarrist mit Begleitmusikern“ klingt. Und dass Focus-Urgestein Thijs van Leer für ihn Orgel und Flöte spielt, rührt den sonst eher zurückhaltenden Blug dann doch: „Dass der geil findet, was ich Milchbubi mache….“, sagt er, als könne er es nicht fassen. Die richtige Balance macht es. Er blättert in seinem Terminkalender „Im Januar für die Firma auf der NAMM Show, dann war ich mit dem Laptop in Australien und habe drei Wichen lang komponiert, dann zwei Wochen Gitarrenverstärker entwickelt. Dann eine Workshop Tour, jetzt kommen zwei Wochen Tour mit meiner Band.“ Wolf Maahn und Laith Al Deen wollten ihn noch haben, aber dafür hat er dieses Jahr keine Zeit. Einen gibt es, für den würde er alles stehen und liegen lassen: „David Bowie, der hat eine so vielseitige Musik, der ist eine Schlange, die sich dauernd häutet. Wenn der anrufen würde, dann würde ich schon sagen: na klar.“