Die Trompete von Tucson
Orkesta Mendoza im Jubez, Karlsruhe, 4.5.2017
„Sie sind die glücklichste Band des Universums. Zumindest spielen sie den glücklichsten Sound“, hat Howie Gelb mal über das Orkesta Mendoza aus Tucson/Arizona gesagt. Das stimmt in mehrfacher Hinsicht: Ihrer Musik, die aus jeder Pore pralles Leben ausatmet, kann auch der schwache Besuch beim Konzert am vergangenen Donnerstag im Jubez nichts anhaben. Die Leute sollten einfach eine wilde Party feiern, verfügt Sergio Mendoza, und „it’s gonna be hot and dirty“. Da verspricht der Sänger, Gitarrist und Gelegenheitskeyboarder, den man auch von Calexico kennt, nicht zu viel. Wobei „dirty“ angesichts dieser perfekt eingespielten Band zumindest aufs gut geölte Handwerk nicht ganz passt.
„Hot“ dafür umso mehr: „Indie Mambo“ nennt Mendoza selbst die Musik seiner Band, die er ursprünglich als Hommage an Péres Prado, den „King Of Mambo“ gegründet hat. Wenn Indie für die Freiheit steht, Musik als Scmelztiegel zu begreifen, dann hat er recht: Da ist diese Rhythmik, die wie eine Wiege aus Mambo und Cumbia wirkt, in der man als Zuhörer mal sanft, mal ekstatisch geschaukelt wird. Da sind die akzentuierten Trompeten-Einwürfe und der unaufdringliche aber dezent soundprägende Einsatz kleiner elektronischer Spielereien plus die kontrastierenden Stimmen von Bandchef und Salvador Duran, dessen ungebremste Bewegungsenergie sich unmittelbar aufs tanzwütige Publikum überträgt.
Das unverzüglich entfesselt „Si, Si Si!“ zurückruft, wenn es so von der Bühne herabschallt. Drei Tage lang hätten sie in Karlsruhe schon gewohnt und nichts weiter gemacht, als Wäsche zu waschen und sich auszuruhen, erzählt Mendoza gut gelaunt. Die Pause muss nun offenbar rausgeschwitzt werden. Aber es gibt nicht nur Party: Kaum glaubt man, das rhythmische Prinzip verinnerlicht zu haben, ändert sich die Stimmung. Die Gitarre färbt sich in einen sehr speziellen Twang, wie er nur zwischen hohen Kakteen und verzweifelten rostigen Zapfsäulen wächst. Ein einsames Pferd reitet durch die Wüste und singt seine Melodie. Wenige Minuten später gibt es „Latin Soul“: funky, triebhaft und eher us-amerikanisch denn mexikanisch. Wobei der Wechselgesang zwischen Salvador Duran und Bassist Sean Rogers klingt wie die kulturelle Klammer. „Ich fühle mich sehr amerikanisch. Schließlich bin ich hier aufgewachsen und verstehe die amerikanische Kultur gut. Aber ich fühle mich auch sehr mexikanisch. Trump repräsentiert uns nicht, mich nicht und meine Freunde auch nicht“, hat Mendoza in einem Radiointerview gesagt. Seine glückliche Band jedenfalls hätte die Kraft, die von Trump gebaute Mauer mit ihrer Musik zu Staub zerbröseln zu lassen, dann aber wirklich dirty.