Girls just wanna have Fun
Girls with Guitars: Rufs Blues Caravan im Jubez, Karlsruhe, 4.2.2011
„Unser Publikum ist zwar klein, aber sehr enthusiastisch, und vor allem sehr treu. Das sind Sammler, Musikliebhaber“ sagt „Plattenboss“ Thomas Ruf über die Menschen, die die Tonträger seines gleichnamigen Labels kaufen und zu den Konzerten kommen. Seine persönliche Bluesgeschichte beginnt mit Luther Allison: „Der war eine Offenbarung, was die Kommunikationskraft anbelangt. Wenn der auf die Bühne kam, da hatte der ganze Saal eine Gänsehaut“.
Allison legte für Ruf auch die Latte, über die ein Künstler springen muss, der mit ihm arbeiten will: „Das muss ein erstklassiger Live-Performer sein“. Die durchweg jungen Menschen, die Ruf nun seit Jahren als Dreierpackage unter dem Titel Blues Caravan auf Tour schickt, sind es allesamt. Und das Publikum am vergangenen Freitagabend im Jubez ist nicht so klein. Drei Damen sind es diesmal, die Blues mit Rock, Funk und Soul vermählen, und alle drei sind wahre Rampensäue. Drummer Dennis Palatin muss es wissen, er treibt sie jeden Abend mit seinem filigranen und doch erdenschweren Spiel vor sich her. Auf seiner Bassdrum steht „Loud Bitch“ – lautes Luder. Das schöne ist, dass Samantha Fish (21), Cassie Taylor (24) und Dani Wilde (25) als richtige Band agieren und mit Palatin zusammen fast alles in kompletter Besetzung spielen (wobei Taylor für den Bass zuständig ist). Eine gemeinsame CD haben sie aufgenommen, und wenn Musik der CDs der einzelnen Damen gespielt wird, werden die anderen zu respektvollen Begleiterinnen.
In den ersten zehn Minuten stecken sie das Terrain ab, in dem sich ihre Idee von Blues bewegt: Knarziger Rock, der sich auch in funkbetonten Rhythmen entladen kann, und oft nach eingängigen Refrains strebt. Das geht in Ordnung so, denn alle drei Ladies verfügen über bemerkenswerte Stimmen mit unterschiedlichen Nuancen. Während Taylor ein stark soulgefärbtes Timbre hat, ist Fish die klassische Rock-Röhre, das All Amerivan Girl, und die „Seniorin“ Dani Wilde ist – wenn es denn hier überhaupt so etwas gibt – am ehesten die Blues-Puristin. Sie ist der Star des Abends, ohne den beiden anderen die Schau zu stehlen. Sie spielt einen ganz eigenen, sehr traditionsbewussten Gitarrenstil. Solide und ohne Plektrum. Das Energielevel allerdings, auf dem diese kleine Frau arbeitet, ist faszinierend.
Da singt und spielt jemand um sein Leben. Tiefe Verzweiflung und Emphase ebenso wie pure Lebensfreude liegen bei ihr nahe beieinander..Etwas in einem Song wie „Abandoned Child“, in dem sie über die Situation von Kindern in Afrika erzählt (mit denen sie einmal im Jahr Musikerziehung macht), dessen Intensit#t durch ein Gitarrensolo wie aus Glas unterstrichen wird. Kurz danach ist wieder Party-Alarm und Dani Wilde erklärt sehr zur Belustigung des Publikums, warum es ihr in Deutschland so gut gefällt. Weil die deutschen Männer nämlich den Blues lieben und so gut aussehen. Ersteres zumindest bestätigt ein Blick ins Auditorium.
Die Damen machen es den überwiegend männlichen Publikum mit ihrem Sinn für eine unterhaltsame Konzert-Dramaturgie aber aber auch leicht: Im zweiten Teil schaffen sie es von einem leicht vom Southern Rock gestreiften Einstieg bis hin zu kraftvollem Hardrock und schließlich gar zu „Highway to Hell“. Wer AC/DC covert, der hat verstanden, dass diese Band aus der gleiche Ursuppe löffelt. Und wer Steve Millers Pophit „Jet Airliner“ nochmal auf die Bühne bringt, der muss einen feinen Sinne für Ironie haben, da sich Miller dieser Tag doch gerade wieder dem Blues zugewandt hat.