Mutmacher gegen den Corona-Blues
Alte Bekannte, Tollhaus, Karlsruhe, 19.11.2021
Man mag sie ja vielleicht für ein bisschen naiv halten, aber zumindest für diesen einen Freitagabend im Tollhaus hat es funktioniert: „Bunte Socken“ helfen gegen den Corona-Blues. So heißt das (noch) aktuelle Album der Kölner A Cappella Formation Alte Bekannte, der Nachfolgeband der im Sommer 2017 aufgelösten Wise Guys. „Es ist ganz egal, dass der Himmel ziemlich grau ist. Du weißt ja, dass er vielleicht schon morgen wieder blau ist, und dass dich heute sowieso mal gar nix schocken kann. Gar nix! Denn du hast deine bunten Socken an“.
Damit ist die Grundstimmung für den Abend gesetzt: Trotziger Optimismus, in vielen musikalischen Farben gemalt. Es gibt Popsongs in bester Boygroup-Manier, mal swingt es dezent wie in „Kleiner Terrorist“, untermalt von Kleinkind-Geräuschen. „Solang’ ich noch was fühle“ wiederum könnte man sich ob pathetischen Refrains durchaus als krachend inszenierte Rockhymne vorstellen und auch dezente Reggae- und Latino-Grooves gehören zum Instrumentenkasten. 
Neben den Eigengewächsen singen die Alten Bekannten höchst komische Bearbeitungen bekannter Hits – etwa dann, wenn Michael Jacksons schmachtendes und schmatzendes Billy Jean zu einem Spottlied auf „Billigjeans“ wird.. Überzeugend in jeder Musikrichtung ist sind die feingetunten Arrangements: Sie klotzen da, wo geklotzt werden muss und sorgen für Transparenz dort, wenn es leise wird. Wenn es angebracht ist, könne sie binnen Sekunden von Stadion auf Kleinkunstbühne umschalten.
Weil die „Alten“ in der Band ihrem jungen Neuzugang Friedemann Petter auch mal vermitteln wollen, was in ihrer Jugend musikalisch so angesagt war, gibt es ein wunderbares Medley aus 80er-Jahre-Hits: „Sweet Dreams“, „Shout“, „Easy Lover“ und noch ein paar mehr verarbeiten sie dermaßen geschickt ineinander verwoben und verzahnt, dass es nur noch Staunen macht. Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass all diese Musik im Original von ganz großen Klang-Breitwänden getragen wurde. Auch wenn das keine neue Erkenntnis ist: Ja, das geht alles mit fünf Mündern, wenn man sie nur richtig spitzt oder rundet.
Zum perfekt gespitzten und gerundeten Gesamtbild gehören auch Ton, Choreografie und Licht. Insbesondere letzteres trägt sehr dazu bei: Farbwechel und hell-dunkel Kontrast sind perfekt abgestimmt, auf effektheischendes Blinken und Blitzen wird ganz verzichtet. Die Alten Bekannten verzichten auch auf allzu aufdringliche Publikums-Mitmach-Aktionen, denn dafür reicht ein alter Wise Guys-Hit: „Sing, auch wenn alles Leute denken, dass Du spinnst…“. Da singen sie, die Karlsruher, stehend schon und im Gestühl vorsichtig tänzelnd. Na also, geht doch. Wie hat einer der fünf immer noch weisen Knaben irgendwann im Lauf des Konzerts erzählt? „Es gibt das was ganz Neues aus den USA: Dass Leute, die Musik machen im gleichen Raum sind mit Leuten, die Musik hören.“ Das wird noch einmal kräftig gefeiert an diesem Abend, an dem niemand weiß, wie es weitergeht.