Soundcheck One in Waldbronn, 20.5.2923
„Wer proben will, fliegt raus!“ Diesen Satz hört man bei einem Rockkonzert vermutlich sehr selten von der Bühne. Aber beim Konzert von Alex Beyrodt & Friends am vergangenen Samstag im Waldbronner Club Soundcheck One gilt genau diese Devise: Auf der Bühne stehen vier gestandene Profis, die in ihren Stammbands sicher viel proben, sich an diesem Abend aber auf Intuition, gegenseitiges Zuhören und kleine, für Außenstehende kaum sichtbare Zeichen verlassen. Eigene Songs stehen nicht auf dem Programm, dafür aber eigenwillige, spontane Interpretationen von Rock-Klassikern
Hard- und Heavy-Gitarrist Alex Beyrodt ist in diesem Kontext der Primus inter Pares. Schon in den ersten fünf Minuten zeugt er alle Tricks, die er draufhat. Geschwindigkeit trifft Gefühl: So viele Töne – und nicht ein einziger überflüssiger ist darunter. Wer nun meint, der Mann könne nur harten Rock, der irrt. Er kann auch songdienliche Zurückhaltung, wie etwa Joe Cockers „Unchain My Heart“ oder der Ace-Klassiker „How Long“ zeigen.
Angesichts der Prämisse, ein einmaliges Konzertereignis zu schaffen, ist eine Nummer wie Deep Purples „Black Night“ erste Wahl für Improvisations-Berserker: Da ist das ausgedehnte Gitarrensolo, das trotz Beyrodts Vorliebe für Ritchie Blackmore diesen nicht kopiert. Da ist der Wettbewerb der hohen Töne zwischen Gitarre und Gesang unter dem Motto: Wer kann höher und hält länger durch? Wenn Rudi Spiller gegen Ende ruft: „Ich will den Schluss von Smoke On The Water“, kriegt er den auch punktgenau. Was man alles aus einem Song machen kann, der auf einem einzigen Basston aufbaut, zeigt die inspirierte Mannschaft bei Steve Millers „Fly Like An Eagle“: Da entsteht ein flauschiger Trip, bei dem das Quartett Schicht um Schicht Wohlklang aufträgt. Während vorne die Solisten brillieren, hält Ralf Gustke – Drummer der Söhne Mannheims – am Schlagzeug mit stoischer Mine alle Fäden in der Hand. Scheinbar unangestrengt spielt er gleichzeitig technisch vertrackt, knüppelhart und bei aller Finesse nie zu viel. Gegen Ende liefert er mit Rudi Spiller ein kombiniertes Schlagzeug-Bass-Solo ab. Eines jener Soli, bei denen es nicht nur ums goldene Handwerk, sondern um Musik geht.
Jeder Song bekommt die passenden Lead Vocals: Während Rudi Spiller die Rockröhre gibt, ist Cherry Gehring (die zweite Stimme von Pur) für die eher bluesigen und soulinfizierten Töne zuständig. Der Mann ist aber nicht nur Musiker, sondern nebenberuflich Comedian. Als solcher weiß er, dass Musik eine gehörige Portion Humor verträgt. Er beißt auch mal gern in sein Keyboard oder spielt es mit der Nase. Bei Prince’s „Kiss“ verwandelt er sich als Gesangs-Parodist mal eben in Joe Cocker, Axl Rose und Michael Jackson. Irgendwann an diesem Abend sagt Alex Beyrodt, er fühle sich gerade wie 16. Er dürfte nicht der Einzige gewesen sein.