Schöne Umfragen, dröge Show

„Alfons“ im Tollhaus, Karlsruhe, 28.10.2006

Foto: Copyright Kulturzentrum Tollhaus, 2021

„Sind sie genmanipuliert?“ fragt der Mann mit dem Dackelblick und dem komischen französischen Akzent. Der Mann mit der Frisur, die immer aussieht, als sei er gerade aus dem Regen gekommen. Der befragte Polizist in voller Uniform reagiert vollkommen gelassen. Oder irre. Oder erwartungsgemäß, je nachdem: „Ich will dazu keine Antwort geben, sie müssen sich an unsere Pressestelle wenden“. So funktionieren Alfons’ Umfragen, man kennt sie aus dem N3 Fernsehen. Der französische Komiker Emmanuel Peterfalvi zeigt seine „schönsten Umfragen“ jetzt auf der Bühne. Aber das Tollhaus, das er auf Hamburger Plätzen und Straßen in den Köpfen der Befragten entfacht und entfesselt, passt nicht auf die Tollhaus Bühne in Karlsruhe, passt eigentlich auf gar keine Bühne. Allenfalls auf die mitgebrachte Leinwand.

Der Mann, der in seinen Einspielfilmchen über Minutendistanz so hinreißend rüberkommt, weil der Effekt aus einer kurzen Stimulanz für eine oft lange absurde Antwort seiner „Opfer“ herrührt, müht sich redlich, die Pausen zwischen den Filmen mit Programm zu füllen. Und redet sich dabei um Kopf, Kragen und knallorangene Jacke: „Ich war für die große Koalition zwischen Angela Merkel und Guido Westerwelle. Auf der einen Seite die weibliche Eleganz, die Sensibiliät. Auf der anderen Seite Angela Merkel“. Au backe. Da hilft auch der putzige französische Akzent nicht mehr, und auch nicht die Erfindung zweier Kumpels namens Etienne und Gilette, „aber Gilette heißt in Wirklichkeit Wilkinson“.

Da hilft nur noch der nächste Film. In dem er beispielsweise einer jungen Frau die Frage stellt: „Wären Sie bereit, sich aus Protest gegen die Gebührenerhöhung der Krankenkassen mit Masern infizieren zu lassen?“ Die zögert erst, meint dann: „Weiß ich nicht“. Alfons insistiert: „Aus Protest!“, da sagt die Frau, pfeilgrade und sehr überzeugt: „Dann ja!“ Da möchte man doch stundenlang analysieren, was in diesem Hirn in Bruchteilen von Sekunden vorgegangen sein mag. Aber schon hat Alfons wieder „Natalie aus St. Petersburg“ aufgefahren, die mit der Quetschkommode frankophile Atmosphäre schaffen soll, vermutlich. Tatsächlich wirkt sie eher wie eine notdürftig passend gemachte Programmzeitstreckerin. Und dann sagt ihr Gebieter wieder so komische Sachen wie, dass sich seine Allergie gegen Gewalt in blauen Flecken ausdrücke. Witze dieses Güteklasse schaffen jedenfalls keine blauen Schenkel vom Klopfen derselben.

Also wieder Filmchen. Die laufen zur Höchstform auf besonders dann, wenn es ums Sexuelle geht. Da vermutet ein hünenhafter weißschnurrbärtiger Hanseat, bei schwulen Polterabenden würde wohl mit Toiletten geworfen, und eine ältere Dame bestreitet rundweg, im Laufe ihres 83jährigen Lebens je eine Klitoris gehabt zu haben. Um dann ihre Ausführungen mit den welterklärenden Worten zu beschließen: „….und es wird noch schlimmer“.