Purple Haze 1976-2008

Herbst 1976: In Saal des „Gesellschaftshauses“ im Heidelberger Stadtteil Pfaffengrund kann man einmal in der Woche beobachten, wie sich vier junge Herren, alle gerade 20 geworden (oder ein bisschen älter) auf der Bühne mit schwerem Gerät an schwergängiger Musik zu schaffen machen. Die Typen von links nach rechts: Der dürre Bernd Herbold, den alle unter seinem Spitznamen „Ufo“ kennen, ein eher wortkarger junger Mann, der besessen ist vom Versuch, das „Weiber-Elend“ direkt in Gitarrensoli umzusetzen, und sich dabei in allerlei Effektgeräte verheddert, die diesem Versuch mal behilflich sind, mal im Weg stehen. Er hat Purple Haze Mark I 1973 gegründet, 1974 ist Horst Benner als Bassist und Sänger dazugestoßen. Da er „von der Gitarre kommt“, ist sein Bassspiel geprägt von weit reichendem Mäandrieren und allen Tonlagen. Schon damals erfindet er als Höhepunkt der melodiösen Unterfütterung im Bassbereich den sogenannten Kreutzer-Sechser, eine federnde melodische Auf- und Abbewegung, die untenrum die ganze Frühphase der Band prägen soll. Uwe Riegler ist der Mann an den Keyboards, aber er übernimmt in der neuen Band (Purple Haze Mark III) schnell den Gesang. Der Fraktion der „Black eyed People“ zugehörig, führt er stets hinter der schwarzen Brille verborgen, ein an Ian Hunter geschultes Gefühlskonvolut in die Purple Haze Musik ein. Uwe war nicht zu haben gewesen ohne Thomas Zimmer, den autodidaktischen Drummer, mit dem Uwe jahrelang als Duo in einer Waschküche gejammt hatte. Zimmer spielt spätadoleszentem jugendlichem Überschwang zwar nicht besonders gut, aber dafür viel zu viel.

Vier sehr unterschiedliche Typen, deren Musik im folgenden auch daran wächst, was sie nicht können: Eingängige Rock’n’Roll Songs sind ihnen ein Fremdwort, der Groove ist noch nicht nach Heidelberg vorgedrungen, und die gerade aufkommende Punkwelle hindert sie nicht daran, exakt das Gegenteil davon ins Werk zu setzten. Es wird eine Art Progressive Rock, der sich mit jugendlicher Wut und Verwirrtheit, befeuert von der Abwesenheit ausschweifenden Sexuallebens und der Anwesenheit ausschweifenden Alkoholkonsums zu einer spannenden Mischung zusammenfügt.

Horst Benner wird kurz nach der Bühnenpremiere der merkwürdigen Band (zusammen mit „Charly’s Travelling Discothek“ im Saal der Bahnhofsgaststätte Ladenburg) am 19. März 1977 die Frage nach der Zielgruppe stellen: „Ich bin gar nicht sicher, ob die Leute mit den vorgeschobenen Unterkiefern im Stand sind, unserer Musik zu folgen.“ Der Vater von Soundmixer Michael Rummer dagegen, hat schon bald erkannt, worum es geht: „Das führt über kurz oder lang zum Mord“.

Über kurz führt es im ersten Jahr immerhin schon einmal bis nach Zweibrücken auf den Marktplatz, wo man Purple Haze als „eine der bedeutendsten Rock- und Freejazzgruppen Deutschlands ankündigt.“ Schwierige Sache, die musikalische Einordnung: da sind fünfzehnminütige gitarrenschwebende und verhallte Werke, in denen blutige Eimer von der Quelle geholt werden, in der Morgensonne versteht sich, da sind krachende Riffs, die das Saufen und die Weiberlosigkeit beklagen und unterschwellig doch auch belobigen, sich aber dann wieder in hyperenthusiasmierten klassischen Orgelkaskaden ergießen. Plus der Versuch, ein paar beschwingte Töne in einer Art Southern-Rock Stil einfliegen zu lassen. Wäre die Band denn berühmt geworden, die Journalisten hätten viele Schubladen öffnen müssen.

Am 5. Oktober 1978 spielt die Band im „Rose Saal“ in Leimen. Selbst angemietet, selbst Plakate geklebt, selbst Werbung gemacht, Eintritt 5 Mark. Die revolutionären Volksmassen, vertreten durch die autonome Jugendzentrumsbewegung, findet das zu teuer. Die revolutionären Volksmassen wollen Gratiskonzerte, außer natürlich wenn die Rolling Stones spielen. Weil sie abgewiesen werden, schreiben sie in ihre Jugendzentrumspostille einen Artikel mit der Überschrift „Kommerz und Terror in Leimen“ hinein. Daraus wir der Song „Commercial Terror“, ein schon beinahe straighter Hardrocksong (wären da nicht immer diese kleinen Walzerteile zwischendrin), der künftig den Schluss eines jeden Konzertes markiert – und das Selbstverständnis der Band mit einer geballten Breitseite Pathos vorträgt „So we are Purple Haze and we won’t mind if you come to listen. Our Songs are played to be heard. My hand ist waiting for another hand to take it but the hand is cold and it takes my heart” schreit Uwe entkoppelt und beim letzten Wort reisst er sich abend für abend in Stücke. Wäre damals ein Journalist auf einem der Konzerte gewesen, er hätte die Band gehasst, die sich in diesem Song (1979!) schon selbst als „Bofs“ (Boring old farts) verortet. Rock’n’ Roll is old and fat. In Heidelberg zumindest hat Purple Haze nach zwei Jahren einen gewissen Status erreicht. Im August jedenfalls gibt es die Band an drei Abenden hintereinander im hochrenommierten Schwimmbad Club zu sehen.

Das Unvermeidliche erscheint am Horizont: Es reift der Entschluss, die entscheidenden Werke auf eine LP zu bannen, beim Karlsruher Unifest im Frühjahr 1980 trifft man die Band Eulenspygel, die abends auftritt, Schlagzeuger Peter Garattoni leiht sich Trommeln aus, und unterbreitet ein Angebot: Wir hätten da ein Studio und wir hätten da ein Label. Na prima. 12.000 Mark sind zu zahlen, die Band mietet sich in einer Pension ein und merkt, dass Studio nicht so einfach ist. Immerhin: Sechs Songs werden auf dem Tonträger festgehalten, darunter das epische „E minor Sea“ und das taktverquere „Time for you and me“. Zitternden Fußes trägt man die LP selbsttätig ins Funkhaus des Süddeutschen Rundfunks nach Stuttgart, wo Gisela Böhnke und Matthias Holtmann sie selbst in Empfang nehmen. Der Titelsong „Enjoy you Dinner“ schafft es auf Platz 8 (von zwölf ) im SDR-Plattentest.

Quasi gleichzeitig schafft Purple Haze den zweiten Platz beim Landeswettbewerb „Jugend Jazzt“ 79/80. Ministerpräsident Lothar Späth übergibt den Preis persönlich, 750 Mark. Jahre später muss er wohl deswegen zurücktreten. Die Band spielt in der Villa Berg, der SDR sendet die Aufzeichnung inklusive aller Fehler später. Noch mehr „Medienrummel“: Am 22. Mai 1982 wird in Heidelberg Haus der Jugend fürs ZDF aufgezeichnet: In der Sendung „Melodie einer Stadt“ ist die Band im verlängerten Abspann zu sehen. Kurpfalz Rock mit Camilla Motor und Snowball steigt im gleiche Jahr, man tafelt mit den Größen und vergreift sich anschließend im Hockenheimer Szeneclub „Clichy“ an den Instrumenten einer dort gastierenden Band, Ufo und Roadie Stefan Bucher tanzen bis spät in die Nacht mit einer Säule. Meanwhile lets hope the night never ends

Überhaupt ist die Band in dieser Zeit oft auf mittleren Festivals unterwegs, man steht auf den gleichen Bühnen wie Epitaph, Anyone’s Daughter oder Schröder Roadshow und lässt sich von der Zeltinger Band den Schlagzeugteppich klauen. Meistens passiert das in Badisch-Sibirien, dank guter Kontakte zum Veranstalter Manfred Hertlein in Bad Margentheim. Das soll auch n den folgenden Jahren so bleiben. 1979 bereits hat man ein eigenes Festival auf die Beine gestellt: Im Rahmen des „Heidelberger Herbstes“, einer Sauf- und Fressmeile mit Kulturangebot in homöopathischer Dosis organisiert die Band bis 1990 in Eigenregie und mit einer wachsenden Zahl hochmotivierter Helfer auf der Rasenfläche des zur Universität gehörenden Marstallhofes ein Free Concert, bei dem Bands aus der regionalen Szene präsentiert werden. Profis haben hier keinen Zutritt, ein einziges Mal gibt es einen Sündenfall, als man den Guru Guru Musiker Ax Genrich und seine Rockin’ Daddies auf die Bühne lässt. Immerhin: Auch der ist beeindruckt von soviel Engagement. Fans in dieser Zeit sind oft entsetzt, dass die Herren Musiker keinerlei rauchbare Drogen bei sich tragen, sondern stattdessen vorzugsweise Bier in gastronomischen Mengen konsumieren. „Düsenland“ wird davon erzählen, ein Song des neuen, deutschsprachigen Programms der Band, mit dem sie ab 1982 in die Welt, die zu dieser Zeit Neue deutsche Welle hört, eintaucht. Aber die NDW ist es nicht, die inspirierte, sondern eher der Rap, der amerikanische. Das Programm von damals wäre eine wunderbare, kraftvolle zweite LP geworden, die Songs schreiben sich jetzt im Proberaum quasi von selbst, vieles entsteht durch gemeinsame Jams, Riffs werden zu Strophen, Visionen zu Refrains, man fühlt sich als Rampensau schon vorm Beladen des LKW. 

1983 beginnt die Band zu zerbröseln, berufliche Veränderungen und ein gewisser Grad an menschlicher und musikalischer Entfremdung tragen dazu bei. Immerhin: Die „deutsche Phase“ hinterlässt der Nachwelt (von selbiger wie üblich völlig unbemerkt) den wohl einzigen Rocksong („Salz der Erde“) , in dem der Name „Genscher“ vorkommt. Uwe Riegler und Thomas Zimmer steigen aus, Horst Benner versucht, mit anderer Besetzung weiterzumachen. Seine Purple Haze Mark IV Besetzung wird allerdings nie auftrittsreif, während der Neuorientierungsphase bleibt allerdings ein begnadeter Sänger an Horst hängen, von dem man munkelt, er habe in einem früheren Leben rund 300 tiefbewegte und teils auch politisch relevante Songs komponiert.

Horst Benner („Am besten singe ich, wenn ich in einem Auto sitze, das hab ich hinreichend gestestet.“) erinnert sich an seine erste Begegnung mit dieser Wunderwaffe: „Er lebte in der Altstadt in einem Wohnklo, auf dem Boden stand der Mixer, und dann spielte er seine Werke vor….“ Zusammen mit ihm und dem Keyboarder Ralf Albrecht treten die beiden als Kolibri beim Heidelberger Herbst 1984 auf. Hier kommt es auch zu vorsichtigen ersten diplomatischen Kontakten mit den Ausgestiegenen (die ebenfalls an diesem Tag mit ihren aktuellen Bands auf der Bühne stehen), was nach erstaunlich kurzen Verhandlungen zu einer Neuformierung der Band unter gänzlich neuen musikalischen Voraussetzungen führt. Stammten die Songs bislang vor allem von Uwe, zu kleineren Teilen von UFO und Horst, ist nun der „Neue“ (der zu allem Übel auch noch nach 1960 geboren ist) allein verantwortlich für den Rohbau der Songs, die zunächst in „frodisch“ betextet werden (eine Sprache, in der sehr viel von „always you“ die Rede ist). Wenn’ es ernst wird, dann englisch von Uwe und Thomas nachvertont. Manches – hier kann man es verraten – bleibt für immer frodisch. Umso mehr wundert sich der Sänger, als nach einem Gig einmal zwei Amerikaner auf ihn zutreten und ihn für die ausgefeilten, bedeutenden und wichtigen Texte. Die Musik wird leichter zugänglich, setzt auf melodieselige Kompositionen, für den Prog-Rock-Anteil ist dennoch nach wie vor Platz. Was seinen künstlerischen Ausfluss vor allem in der 35 Minuten langen Herr der Ringe Vertonung „Lorien“ findet. Vielleicht ist es der Moment, in dem Horst Benner erkennt: „Ich muss meine Lederhose ausziehen, ich glaube sie raschelt“.

1987 tritt die Band auf dem „Fest“ in Karlsruhe auf. Die Veranstaltung, die heute 300.000 Menschen an drei Tagen lockt, ist damals noch eine kleine Bühne auf einer Rasenfläche mit ein paar hundert Leuten davor. Schön, dass man im Stadtmagazin Ketchup 4/88 schon unter der Überschrift „Altrocker“ einsortiert wird. Der Neue ist zu diesem Zeitpunkt gerade mal 27 Jahre alt. 1988 ist das Jahr von Purple Haze: 52 Auftritte im Umkreis von 100 Kilometern, darunter Freitag bis Montag Touren. Ja, Touren – fast fühlt man sich, als seien es wirkliche Touren. „Melodiöser Hardrock, bei dem auch die gute alte Gitarre zu Ehren kam, war da zu hören“, schreibt das Badische Tagblatt über einen Auftritt bei m Festival in Rastatt-Niederbühl im März 1988. Im Mai 1988 ist die Rhein-Neckar-Zeitung der Meinung, Purple Haze sei „bombastischer Klassik-Rock, der sich fleißig aus dem Zitatenschatz solcher Dinosaurier-Bands wie Yes, Genesis und Barclay James Harvest bedient…“, was natürlich ausgemachter Blödsinn ist. Genauso wie die immer wieder als Lob geäußerte Beleidigung, der Sänger klänge wie Klaus Meine von den Scorpions. Am 23. September 1988 tritt Purple Haze im Rahmen der Süddeutschen Rocktage in der Röhre Stuttgart auf, mam trifft die Alten Kämpen vom Spygel-Tonstudio wieder, produziert aber die nächste LP „A Serious Pipeline“ dann doch lieber für heute schier unvorstellbare 25.000 Mark Produktionskosten in Eigenregie im Karlsruher Katapult-Tonstudio, dessen Chef Kai Schlünz eine auch heute noch vorzeigbare Soundbrillanz schafft, die die Vielschichtigkeit der Purple Haze’schen Musik anno 90 adäquat abbildet. Vom hardrockigen Excerpt „Mordor“ aus „Lorien“ über den ausladenden, musikalisch mindestens acht Stockwerke hohen Titelsong bis hin zur allein mit Gesang und Steinway Flügel instrumentierten Ballade „Frozen Rainbows“. Zu deren Aufnahme Kai Schlünz mit den Beteiligten übrigens eigens in den Sendesaal des Süddeutschen Rundfunks Karlsruhe umzieht.

Eine „durchaus professionell gemachte Scheibe“ hört Klaus Spörl, der Rezensent des Soundcheck. „Man hört, dass sich die Jungs insbesondere mit den Arrangements viel Mühe gemacht haben. Überdies war die Combo ohrenscheinlich sehr auf Abwechslung bedacht, und die Gesangsteile kommen nahezu optimal rüber.“ Der wunderbare Rezensent des Monatsmagazins für den Heidelberger Stadtteil Rohrbach erkennt hellsichtig: „Rausgekommen ist eine runde Sache. Eine Platte, die man sich gern am Stück anhört und sich nicht einzelne Songs raussucht, eine Platte für morgens, mittags und abends, zum alleine anhören und für die nächste Party sowieso“. „Zeitlos“ findet der Karlsruher Kurier die CD, vergleicht die Stimme von Werner Born wieder mal mit Scorpions-Sänger Klaus Meine und hörte gar „kernige Gitarrensets“. Markus Scheible, Rezensent der Pforzheimer Zeitung, liegt vollkommen richtig, indem er von einem „Meisterwerk des Melodic Rock“ kündet.

Mit diesem Meisterwerk im Rücken hätte es nun eigentlich losgehen können, aber zum einen wirkte die Musik wie schon zu Zeiten der ersten LP wie aus der Zeit gefallen, Grunge würde bald seine eitrige Fratze erheben, für Purple Haze Musik war wie immer die Falsche Zeit. Auch in der DDR, wohin die einzige wirkliche Tour führte, strömten nicht gerade die Publikumsmassen, allerdings darf davon ausgegangen werden, dass DDR-Bürger im Mai 1990 wohl auch andere Sorgen hatten. Hatten Los ging die Tour es mit einem Konzert in der Hallenser Pauluskirche, bei der Mixer Michael Rummer alle Effektgeräte ausschaltet, denn neun Sekunden Naturnachhall müssen einfach reichen. Am Vorabend von Klaus Jorke mit einer Unmenge Fettbemmen begrüßt, lernen die Heidelberger und Karlsruhe Musizisten das gesammelte Weltniveau der Hallenser Musikszene kennen – und eine ganz eigenen Atmosphäre von Musikersolidarität und gegenseitigem Austausch. Bis nach Rotenburg an der Neisse kommt man bei diesen vier Konzerten. Erlebt die Gastfreundschaft in einem in Auflösung begriffenen Staatswesen, wird im LPG Gästehaus von akkurat bekleideten Serviermamselln mit Meissner Porzellan befrühstückt, tafelt bis spät nachts mit den Überzeugungstätern des Jugendclubs Fette Elke Vetschau, fährt nachts dortselbst trunken Trabi, im Sangerhausener Kulturhaus der Bergleute fügt man sich Musikalisch geschmeidig zwischen eine volkstümliche Stimmungskapelle und langbeinige Ballettdamen vom Friedrichstadt-Palastes Berlin.

Ein gutes Jahr später zerbröselt die Band erneut, wohl an den gleichen Problemen wie schon acht Jahre zuvor. Am 30. Juni spielt Purple Haze zum letzten Mal beim Stadtfest in Calw. Jeder geht seiner eigenen Wege. Horst Benner legt den Bass aus der Hand, und beschäftigt sich fürderhin weniger mit Rockmusik sondern mit Operngesang im Chor des Mannheimer Nationaltheaters. Uwe Riegler und Frodo Born haben mit Kolibri 2 eine Plattform, um Jahr für Jahr selbstproduzierte Hits in höchster Vollendung an einen verschworenen Kreis von Zuhörern auszugeben, live sind die dagegen eine Rarität. Bernd UFO Herbold beschäftigt sich intim mit der Gitarre und macht Bedroom Recording, Thomas Zimmer trommelt in Coverbands mit ständig wechselnden Besetzungen.

Es kamen die Nullerjahre, und unsere Helden wurden sich langsam bewusst, dass sie in diesem Jahrzehnt alle 50 werden würden. Horst Benner hatte sowieso all die Jahre schon Stimmen gehört, die ihm zuriefen und rieten, die Band wieder zusammenzubringen. Und so geschieht es denn, dass man als ersten Termin auf des Trommlers 50. Geburtstag hinarbeitetet, die Festivität sollte in Herbst 2006 stattfinden, und geprobt wird zunächst halfplugged in des Rieglers Kolibri-Keller.

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Alles ist wie damals, als hätte man gestern gerade die Apparate aus der Hand gelegt. Frodo will gleich Arrangementdetails erörtern, als Ufo noch versucht, die Nebengeräusche aus dem Gitarrenverstärker zu entfernen, Thomas hat die gleichen Probleme bei den gleichen ungeraden Takten („das kann man ja gar nicht in betrunkenem Zustand spielen!“), und Uwe und Horst brüllen sich (etwas leiser zwar) aber immerhin: an. Aber die Magie ist auch wieder da. Das wissen darum, welche Abbiegung der andere beim Improvisieren als nächste, als übernächste und so gar als über- übernächste nehmen wird. Die Unverwechselbarkeit dieses fetten Sounds, der nur so und hier und mit genau diesen fünf Leuten entstehen kann. Und die nach wie vor bestehende Liebe zum alten Songmaterial, bei dessen Wiederaufnahme allen bewusst wird, dass sie Musik geschaffen hatten, die den „Test of time“ bestanden hat.

Die Purple Haze Welttour 2006 nimmt Formen an: Die Generalprobe ist der schon erwähnte Geburtstagsfestauftritt am 20. Oktober, vor 150 geladenen Gästen. Am 14.11. fühlt man sich reif, Tonmeister Andreas Schorpp dokumentieren zu lassen, was man zu bieten hat. Crépuscule (die von Purple Haze 1988 zum Heidelberger Herbst geladen worden waren) stellen ihre CD vor, die nach 22 Jahren Arbeit fertig geworden ist. Purple Haze machen ziemlich genau 77 Minuten lang das Vorprogramm. Herr Jüttner schreibt in den Badischen Neuesten Nachrichten unter der Überschrift „Abend der Überzeugungstäter“: am 17.November 2006: „Dass das Wiederbeleben von schon seinerzeit unzeitgemäßen Songs das Nonplusultra ist, dürften nicht einmal die Herren von Purple Haze selbst abstreiten. Der Vorteil dabei: Was schon bei seiner Entstehung aus der Zeit gefallen ist, altert weniger. Der wirklich ausdrucksstarke Sänger Werner „Frodo“ Born verleiht mit so klarer wie kräftiger Stimme und akzentuiertem Akustikgitarrenspiel dem solide rockenden Gesamtsound jenen Wiedererkennungswert, der komplexen Kompositionen jenseits des Strophe-Refrain Schemas nun mal oft abgeht. Und als im letzten Song „Feelings“ Keyboarder Uwe Riegler und Gitarrist Bernd Ufo Herbold sich ein virtuoses Soloduell liefern, ist wirklich egal, welches Jahr man gerade schreibt.“ Kann man so stehen lassen.