Irres Flackern aus dem Goldzahn

Badesalz und Freunde beim Tollhaus Zeltival, Karlsruhe, 8.7.2005

Ein Blick in die Zukunft: Deutschland wird von dem bösen, bösen Rado beherrscht, die Gehirne der Menschen sind verdorrt. Rado hat Schlager verbieten lassen, weil ihre Inhalte „zum kritischen Denken anregen“ und an ihre Stelle den Bum-Bum-Rock gesetzt. Wer kann die Welt retten? Lea, ein kleines süßes Mädchen, gut hundert Kilo schwer und dargestellt von Ex-Flatsch-Musiker Olaf Mill. Ein alter Kumpel also von Badesalz-Hälfte Gerd Knebel. Er und Hendrik Nachtsheim haben ihr erstes Comedy Märchen nicht mehr alleine umsetzen können, zu viele seltsame Gestalten müssen der kleinen Lea begegnen bei der Suche der nach dem „Baby mit dem Goldzahn“. Neben Mill agiert denn auch noch Udo Schöbel (von den Stuttgarter Shy Guys) als Mitspieler und Musiker.

Also, von vorne: Nur wenn das Baby mit dem Goldzahn gefunden wird, kann die Welt gerettet werden, und Toni Balloni wird wieder befreit singen „Es war vor viel’n Jahr’n, du hatt’st so schöne Haar’n….“ So weit, so irr. Es ist eine schwere Aufgabe für Lea. Überall sind Rados Schergen unterwegs, die riechen einen schlechten Refrain und stellen an der Handtemperatur fest, wer mitgeklatscht hat. Die Schergen bilden den ziemlich dünnen roten Faden der Handlung. Nebenher tauchen allerhand sinnfreie Figuren auf wie Stumpfi, der abgesägte Baum, der Lea mit selbstverfassten Gedichten anbalzt. Oder Walter. Walter Potter, ein enger Verwandter von Harry Potter, der sich dessen Zauberstab ausgeliehen hat, und davon träumt, Mick Jagger hessisch singen zu lassen: „Hähnche, ich ess’ e halwes Hähnche…. da wird de Keith Richards awwe gugge!“ Jede Figur wird Transportmittel für Stand-Up-Comedy, weiter nichts. Dramatik, Spannung? Fehlanzeige. Aber wer braucht das, wenn es doch das große Absurde gibt: Wenn Lea zur Mundharmonika greift und einen argen Blues bläst. Wenn Hendrik Nachtsheim eine merkwürdige Figur spielt, die unter ungelenkem Gliederzucken verrät, sie habe sich mit einem Schnürsenkel verschiedene Körperteile hin- und her transplantiert, oder wenn Lea im Wald immer größere Lupen findet, um die sprechende Asbestfaser Andi sehen zu könne. Wenn eine Figur auftaucht, die stark an Peter Maffay erinnert und dauernd „prima Primaballerina“ sagt…..

Als Lea schließlich Toni Balloni, den Führer der verfemten Schlagersänger trifft, ist auch schon Rettung in Sicht: In Gestalt der Handkäsfee aus Frankfurt-Bockenheim, die einen Riesenbembel schwenkt, Toni Balloni entpuppt sich als das lang gesuchte Baby mit dem Goldzahn, eine Quasselstrippe namens „Heiße Luft“ bringt einen Wohnzimmerspringbrunnen, Toni Balloni, der ja bekanntlich jetzt das Baby ist (und vorher noch einen Zagor oder so ähnlich) umgenietet hat, der der wahre Rado ist (oder so ähnlich) spuckt den Goldzahn ins sprudelnde Wasser des Springbrunnens, es sieht schon sehr nach Prunksitzung aus auf der Bühne jetzt, alles so schön bunt hier und endlich nun können sie alle die Hymne der Befreiung singen, jawohl. Bruder im Kampfe, reich mir die Klampfe. Alles Klar?