Fort Worth’s Best

Sie wurden von Grand Funk Railroad Produzent Terry Knight entdeckt. Er produzierte ihre ersten drei Alben und verpasste ihnen einen ähnlichen, harten, aber viel differenzierteren Sound als dem lauten Trio. Sie spielten im Vorprogramm von Jimi Hendrix und machten einen scheußlichen, blutigen Song, der einen Unfalltod aus der Sicht des Sterbenden förmlich zelebriert, zum Kultsong. Bevor sie sich auflösten mutierten sie zur Progressive-Rock Band, aber außer in Fort Worth, Texas, erinnert sich wohl kaum jemand an Bloodrock, die zwischen 1970 und 1974 sieben offizielle Alben veröffentlichten.

Das Cover zeigt die Band übergossen von fließendem Blut. Viel Blut. Die Rückseite zeigt zwei Blutkonserven. Der Schlüsselsong ›D.O.A.‹ steht für ›Death On Arrival‹ – Tod bei Einlieferung. Sänger Jim Rutledge erzählt in diesen dramatischen acht Minuten des Albums Bloodrock 2 (1970) die Geschichte eines nicht genau definierten. „Ich erinnere mich, wir flogen tief, und stießen mit etwas in der Luft zusammen“ heißt es da. Der Erzähler versucht seinen Arm zu bewegen, aber fühlt nichts. Er schaut hin, aber da ist kein Arm. Er sieht einen erblassenden Helfer und hört ihn sagen »Der hat keine Chance«. Das quälende Opus beginnt mit einem konsequent nervtötenden Orgelmotiv, das an die Sirene eines Rettungswagens erinnert. Man kann das ekelhaft finden oder sich von der morbiden Faszination des clever produzierten Tracks mit seiner beklemmenden Monotonie seinem durchaus mitsingbaren Refrain einfangen lassen.
Im Vietnamkrieg sollen amerikanische Soldaten den Song nachts laut in den undurchdringlichen Busch geblasen haben, um den Vietcong zu erschrecken. »REM sollen D.O.A einmal bei einer Halloween-Show gespielt haben, und es mit ‚der schlechteste Song der Geschichte’ angekündigt haben«, erinnert sich Keyboarder Stevie Hill. »Capitol Records wollten, dass wir noch so eine Song schreiben, und hätten wir das könne, wäre unsere Karriere sicher anders verlaufen. Wir hatten uns mit ›D.O.A‹ komplett in eine Ecke manövriert. Ich hatte keine Idee, wie man einen Song schreibt der genauso und doch anders ist, und ich denke, das spricht für den Song«. 
Bloodrock hatte aber mehr zu bieten: Bloodrock 3 dürfte die kompakteste, vielfältigste Veröffentlichung des ursprünglichen Sextetts sein: Da ist der treibende, von einer wunderbar rhythmischen Orgel getriebene Rocker ›Jessica‹, das dennoch eher leichtfüßig daherkommt. Da ist die scheinbar absichtlich in den Schmalztopf gefallene Ballade ›A Certain Kind‹, dergleichen hatten Grand Funk nicht zu biete, obwohl es einige Anklänge an die berühmtere Band auf dem Album gibt. Da ist das völlig scheuklappenfrei zum Jazz schielende ›Kool Aid Kids‹ mit einem perfekt fließenden Gitarrensolo von Lee Pickens, im übrigen eine Komposition von John Nitzinger, der vor allem zu Beginn beim Songschreiben half. Man hört eine Bad, die fast überall hin will, und diesen Anspruch auch einlöst. Aber en neunminütiger Song, in dem das Unheil der Welt in finsterem Gitarrenriff, einem krank und merkwürdig schleppenden Bass-Groove, einer gespenstisch distanzierten Orgel und der prophetischen Knödelstimme von Jim Rutledge zusammen fällt: ›Breach Of Leas‹: »The Lord has promised all his children he was gonna take back his world someday«. Der mensch war böse, es folgt die Apokalypse. ›Breach Of Lease‹ ist das ganze Bloodrock-Universum in einem Song
Man muss sich nicht wundern, dass eine Menge Geschichten über die Band im Umlauf sind, deren Wahrheitsgehalt schwer zu recherchieren ist: Beim Mar Y Sol Festival, hätten sie viel gelernt, weil sie interessiert dem Mahavishnu Orchestra und Dave Brubeck zuschauten. Die Veranstalter hatten sie dafür bezahlt, auf ihren eigen Auftritt zu verzichten.
Die Band formierte sich schon in den Sixties formiert, als Jim Rutledge und Gitarrist Nick Taylor zusammenkamen und nach vielen Besetzungswechseln 1970 ihre stabile Bloodrock-Formation zusammenbrachten,. Die sich vier Studioalben und ein Livealbum lang hielt, nichts davon verkaufte sich gut. Ironie der Geschichte: Bloodrock 2 immerhin, erschienen 1970, wurde am 3. Januar 1990 in den USA vergoldet. .
Vor der Produktion des fünften Studioalbums Passage (1972) waren Sänger Jim Rutledge und Gitarrist Lee Pickens ausgestiegen. Neuer Mann am Mikro wurde Warren Ham, ein wiedergeborener Christ, der in den 80er Jahren in Kerry Livgren’s A.D., der christlichen Band des Kansas-Mitgründers, und bei Kansas wieder auftauchte. Und so klang nun auch die Musik, die sich weit vom Sound der frühen Tage entfernt hatte: Ausgefeilte instrumentale Höhenflüge in dennoch kompakten Songs, deren musikalische Dynamik und Spannung unter Warren Hams schwachbrüstigem Gesang litt. Eine vollkommen andere Band, dennoch ist auch dieses Album (nicht zuletzt wegen der zunehmend politischen Texte) zumindest Rock-archäologisch von Interesse. Nach Passage erschien 1974 noch Whirlwind Tongues. Ein weiters Album wurde im gleichen Jahr aufgenommen, aber nicht mehr veröffentlicht.