The Blues Got Soul

Vanessa Collier, Si Cranstoun und Big Daddy Wilson, Jubez, Karlsruhe, 31.1.2017

Es funktioniert immer noch, auch in der 17. Auflage: der Blues-Caravan, die tourende Roadshow des rührigen Labels Ruf Records sorgte auch dieses Mal im Jubez wieder für Begeisterungsstürme. Das Prinzip ist das gleiche wie immer: Drei mehr oder weniger bekannte Künstler zelebrieren leicht unterschiedliche Facetten dieser unverwüstlichen Musik.

Der Abend steht unter der Überschrift: „Blues got soul“, und da braucht es mal keine fingerflinken Gitarristen, sondern ausdrucksstarke Sänger. Für die meist betont sparsame, aber höchst wirkungsvolle Gitarre sorgt den ganzen Abend über mit stoischer Gelassenheit Laura Chavez, die durch die Candye Kane Band bekannt wurde. Vanessa Collier, Si Cranstoun und Big Daddy Wilson loten indes die Genregrenzen zwischen Blues, Funk, Rock und Soul aus. Schon der Eröffnungssong packt alle Möglichkeiten in fünf Minuten. Eine lässig und perkussiv untermalte Version von „Unchain My Heart“, die ganz ohne den Druck der bekannten Joe-Cocker-Version auskommt. Als erste Solistin übernimmt Vanessa Collier. Hochglanzpolierter Funk, kantig und kompakt. Die Sängerin lauert mit dem Saxofon, aber Frau Chavez soliert weiter. Verhalten explosiv, alles gut. Jetzt marschiert die Musik geradliniger. „I did what I did before love came to town“, singt Collier mit der vornehm zurückhaltenden Versautheit einer halbhohen Tochter. Jetzt darf sie Ihr Saxofon leuchten lassen. Ihr Spiel hat mehr Ecken und Kanten als ihr Gesang, aber vor allem ist das Gesamtpaket extrem gut tanzbar.   Was das betrifft, sit die Programmfolge gut austariert. Si Cranstoun macht Party. Der Bursche sieht aus wie einer dieser jungen Engländer, die man aus 20er-Jahre Filme kennt: Hütchen, Hosenträge, Schlacksfigur. Man kann ihn sich als obercoolen Eckensteher vorstellen, der den Mädchen hinterherpfeift. Aber er lässt die Band shuffeln, vor alle. Nicht diesen harten, kantigen Shuffle, den die Gitarrenbuben immer spielen. Nein. Seine Musik löst zuvörderst Schnippreflexe aus. Sie ist eine perpetuum mobile der guten Laune. Die Stimme, die oft zu Recht mit Sam Cooke und Jackie Wilson verglichen wird, singt nun im 6/8 Takt vom „right girl“ und die Musik rutscht dabei schon fast ins Schunkelige. Die „right girls“, wenn auch im Saal deutlich in der Minderheit, werden’s verstanden haben. Auftritt Big Daddy Wilson. Hut, Sonnenbrille, schwarz, gewichtig. Der Mann hat Präsenz und zieht die volle Aufmerksamkeit des Publikums auf sich, bevor er auch nur einen Ton gesungen hat. Die Rhythmusknechte Roger Innes am Bass und Markku Reinikainen am Schlagzeug pumpen mit Pokerface einen sehr sehr tiefgelegten Groove. Man ahnt was kommt. „Do you love me?“ brummt Big Daddy fordernd, und dann immer wieder eindringlich „Where have you been so long“. Frau Chavez spendiert dazu furztrocken sparsame Gitarrenlicks. „Well the woman I love she got them big brown eyes“ verfügt nun diese Stimme, die wohl zuerst mal die Frauen becirzt, danach Berge versetzt und anschließend den Zuhörer in einen Trance-artigen Zustand. Bis dann ein paar bekannte Perlen wie „Stand by me“ und Dock Of The Bay“ ahnen lassen, dass es nun in die Schlussrunde geht, die nochmal alle drei Stimmen auf der Bühne vereint.