Die Maschine, die am besten bröselt
Duisburg, Grammatikoff, 27.10.2019
Es soll ein besonderes Konzert werden, verspricht Peter Bursch den Fans, die an diesem Sonntagabend ins Duisburger Grammatikoff gekommen sind, und »wir haben gut trainiert«. Es wird ein besonderer Abend, und das Training zahlt sich aus: Hier ist eine selbstbewusste, hervorragend eingespielte Band zu erleben, die ihre nur scheinbar aus der Zeit gefallene Musik so vorträgt, als wäre es der heisseste Scheiß. Live wird in diesen zweieinhalb intensiven Stunden noch deutlicher, was das aktuelle Album Elegy und sein Vorgänger Indian Camel versprechen: Die ganze stilistische Vielfalt der Band wirkt nie wie ein Flickenteppich, sondern im Gegenteil – als harmonisches Ganzes.
Weil man spürt, dass die Musiker ihre Einflüsse verinnerlicht haben und dem Publikum mit Leidenschaft entgegenschleudern. Allen voran der immer noch jugendlich wirkende Peter Bursch, der auch noch im hart rockenden Sturm von Black Is Your Colour‹ und ›I Was Angry‹ das selige Lächeln eines in sich ruhenden Mannes ausstrahlt, und dessen unaufgeregte Duisburg-Hymne ›Bei uns zuhaus‹ an diesem Abend noch einmal den genius loci fett unterstreicht. Da ist die Sängerin Stella Tonon, die die Musik nicht einfach singt, sondern aufführt, als wäre es ein Shakespeare-Drama. Mindestens. Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt – vor allem aber ständig in Bewegung. Die folkinspirierten Nummern des aktuellen Albums, vor allem ›Bliss‹ werden zu kraftvollen Rockern, die sich ohne Bruch mit ganz anders gefärbten Klangwelten (›Oriental Mind‹ und ›Indian Camel‹) ergänzen lassen. Da bricht die Improvisationsfreude der Musiker durch, auf solidem Fundament vom virtuosen Manni von Bohr (Schlagzeug) und Carlos Palmen (Bass) getragen. Letzterer vertritt den krankheitsbedingt abwesenden Stammbassisten Detlef Wiederhöft souverän. Eine Meisterin der Improvisation ist auch die russische Violinistin Tamara Siderova, die sich – einmal von der Muse geküsst – gerne mal selbst in eine Erdumlaufbahn geigt. Der Blues-Klassiker ›I’d Rather Go Blind‹ schließlich entwickelt sich zu einem Gitarrenorkan, bei dem Michael Dommers und Peter Bursch sich funkensprühend so lange duellieren, bis wirklich das letzte Quäntchen denkbarer Gitarren-Emotionalität ausgewrungen ist. Bröselmaschine anno 2019 rockt, wie die fette Version des T-Rex-Hits ›Children Of The Revolution‹ im Zugabenblock noch einmal beweist. Dass bei diesem Konzert relativ wenig altes Material zum Zuge kam, mag zwar den einen oder anderen Fan enttäuscht haben, zeigt aber, dass die Band im 51. Jahr ihrer Existenz immer noch mehr nach vorne als zurück schaut.