Volksfest mit Volkshochschule
Johnny Clegg im Tollhaus, Karlsruhe, 14.11.2013
Sechs Jahre Abwesenheit haben offenbar die Sehnsucht des Karlsruher Publikums befeuert: Als Johnny Clegg und seine Band am Freitagabend endlich wieder auf der Tollhaus-Bühne erscheinen, begrüßt sie das Publikum mit einem Enthusiasmus, als handle es sich bei ihnen entweder um verlorenen Söhne und Töchter oder um den Messias persönlich. Aber selbst der abgebrühteste Konzertgänger versteht sofort, warum.
Der bunte Haufen auf der Bühne vermittelt vom ersten Ton an dieses anheimelnde Gefühl, dass alle Menschen Brüder seien und dass eben diese Idee ihren Ausgang hier in diesem wiegenden, wogenden Saal habe. Schon mit dem zwingenden Rhythmus, dem magischen Gesang von „Africa“ hat Clegg die Menschen in seinem Bann gezogen. Das knallgelbe Jackett fliegt schnell in die Kulisse, die Band arbeitet mit der Präzision einer Dampfmaschine und gleichzeitig der Leichtigkeit eines Schmetterlings, der jederzeit überall hinflattern kann.
Die Musik ist eindeutig Pop mit erkennbaren Querverweisen auf das Umfeld, aus dem sie kommt, Weltmusik im besten Sinne eben. Als Popmusiker ist Clegg sicher irgendwo in den 80er Jahren stehengeblieben, abzüglich der ganzen Produktions-Scheußlichkeiten, die diese Jahrzehnt prägten. Deshalb sind die Hits von damals auch in Würde gealtert. Das, was man gemeinhin und unscharf als Weltmusik bezeichnet, kommt in Cleggs Musik genau in der Dosis vor, die es braucht, um ein pop-affines Publikum nicht zu überfordern, das nach Tanzbarkeit lechzt. Pulsierende Grooves, hinterhältige Rhythmuswechsel, die aber nie das Tanzbein zum Einsturz bringen, geschmackvoll arrangierte Gitarren und Einsätze von Saxophon und Klarinette auf angenehmer Raumtemperatur, das macht die Echtheit dieser Band aus. Der man bei aller geplanten Dynamik der zweistündigen Show immer noch die Lust am Detail, am gelungenen Solo, genau wie am himmelstürmenden Mannschaftsspiel ansieht und anhört.
Da ist natürlich auch noch der Polit-Aktivist Johnny Clegg. Der gebürtige Engländer und gelernte Südafrikaner, der zum „Weißen Zulu“ wurde, und schon Ende der Siebziger dem Apartheidregime mit der ersten gemischtrassigen Band trotzte, hat nicht aufgehört, sich mit den politischen Verhältnissen (nicht nur) Afrikas auseinanderzusetzen. Bei all dem erweist er sich als Geschichtenerzähler mit großem Unterhaltungswert: Ob es nun die schier unglaubliche Story des ersten Tourmanagers ist, der so nebenbei noch Zulukrieger war, und dem man in mehreren Bandmeetings beibringen musste, dass beides gleichzeitig nicht geht. Ob er eine Verbindung herstellt zwischen der Lebenspanne der Berliner Mauer und der Zeit, die Nelson Mandela in Gefängnis verbrachte oder ob er den Beweis antritt, dass die Concertina aus der Keltischen Musik ohne größere Probleme für die Zulu-Musik passend gemacht wurde: Immer enden diese unterhaltsamen Volkshochschul-Kurse des ehemaligen Universitätsdozenten und mehrfachen Ehrendoktors in musikalischen Volksfesten. Die ihren Höhepunkt wie gewohnt in „Scattterlings Of Africa“ und „Asimbonanga“ finden.