Der Kraftblues der Großväter

Climax Blues Band in der Fabrik, Bruchsal, 18.10.2014

„Kept on lookin‘ for a sign in the middle of the night. But I couldn’t see the light. I couldn’t get it right“. Diese Zeilen wird wahrscheinlich jeder über 50 mitsingen, wenn sie ihm aus dem Radio entgegenschallen. Aber wer war das nochmal gleich? Die Climax Blues Band und ihr eintziger Hit „Couldn’t get It right“, ein wunderbar entspanntes Stückchen bluesgefärbter Rock mit Pop-Appeal. Die wenigsten wissen, dass die 1968 gegründete Band immer noch spielt, obwohl niemand mehr aus jener zeit (der Hit passierte 1976) dabei ist. Die zwei Männer, die die Band in ihren Anfangstagen geprägt haben, sind zudem in den vergangenen Jahren gestorben: Saxofonist Colin Cooper und Gitarrist Pete Haycock.

Die heute agierende Band allerdings ist alles andere als zweite Wahl: Bestehend aus gut abgehangenen Profis, denen man die Routine von tausenden Auftritten in den unterschiedlichsten musikalischen Konstellationen anhört, bereiteten sie den rund 100 erschienenen Wissenden in der Fabrik am Freitagabend eine opulentes Bluesrock-Mahl zu. Da stehen sechs Männer auf der Bühne, die ihr Ding auch durchziehen würden, wären da unten nur ein Dutzend Leute. Traditionelle Bluesnummern bekommen einen akkuraten Schliff, der dennoch genug Dreck unter den Fingernägeln lässt, um auch den Puristen direkt ins Herz zu treffen. „I’m Goin down to Louisiana“ singt Graham „Deeboy“ Dee, und jeder geht mit. Sofort. Nach Lousiana, oder sonstwohin, wo dieser sehr englische, ziemlich durchgeknallte Schlacks ihn haben will. Der mit kleinen Gesten das Bühnengeschehen dominiert und kommentiert. Der das Bindeglied zwischen dem Song und der solistischen Brillanz von Gitarrist Lester Hunt, Saxofonist Chris Aldrigde und Keyboarder George Glover ist.  Die Climax Blues Band stampft und rollt durch hohe See, aber sie schlingert nie. Das Zusammenspiel ist traumwandlerisch dicht, und besonders dann, wenn Lester Hunt (sechsfacher Grossvater!) seine wohlstrukturierten Gitarrensoli ansetzt, weiß man wieder, was solides Handwerk und Inspiration in Kombination vermögen. Hunt ist das „Shredding“ moderner Gitarristen fremd. Sein Spiel ist voller melodischer Phrasen und geschmackvoll gesetzter Chorusse. Da ist kein überflüssiger Ton, nirgends. Blues heißt bei der Climax Blues Band auch immer funky Grooves: Etwa in „Chasing Change“ aus jenem 76er Album, das den Hit hervorbrachte. Da ist die Frage „Do you like the Blues?“, die „Deeboy“ dem jetzt schon arg enthusiasmierten Publikum stellt, eher obsolet.

Einem Publikum, das genau dieses 70er Jahre Flair liebt, bei dem die Solisten sich gegenseitig die Bälle zuschieben, und auf den Flügeln der Inspiration davon fliegen. Auch wenn der Sänger vor der Pause erklärt hat, man sei alt und müsse jetzt etwas Jack Daniels nachgießen: Nach der Pause spielt er in „Little Red Rooster“ den jugendlichen Gockel im Testosteron-Rausch, allerdings mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Dessen Angebot, via Facebook Söhne und Töchter der Familie Climax Blues Band zu werden, sicher einige gern annehmen. „Ich adoptiere jeden von Euch persönlich, auch wenn Ihr älter seid als ich!“ Ja, und dann kommt auch noch dieser Hit, und spätestens da wissen alle wieder: Genau, das waren doch die, die da auf der Bühne stehen. Schön, dass die noch spielen. Nächstes Mal sollten wir ein paar Freunde mitbringen.