Wenn die Kuh fliegt

Stacie Collins im Jubez, Karlsruhe, 24.4.2012

Wahrscheinlich spielt diese Band zu Hause gerne mal in einem klebrigen Roadhouse, vor dessen Bühne sich Bierlachen ausbreiten, vor dessen Veranda Pferde angebunden sind und dessen Publikum auch mal gern in seiner Freizeit in der Steppe rumballert. Auf dem Cover ihres bislang letzten Albums „Sometimes Ya Gotta“ sieht man Stacie Collins auf einem brennenden Stier reiten.

Was sagt und das? Hier gibt es Rock’n’Roll mit ländlichem Flair. Und genauso ist es, auf der Bühne zupackender noch als auf dem von Dan Baird (Georgia Satellites) produzierten Tonträger. Die Sängerin und ihre drei Muskeltiere bringen eine grobporige Melange aus Stones, Blues, Honky Tonk, Swamp Rock’n’Roll auf Betriebstemperatur – und die Frontfrau ist genau dieser Typ Rampensau, der auch vor ein paar Dutzend Leuten alles gibt. 

Das britische Classic Rock Magazin hat sie gar einmal als „Shania Twain mit Eiern“ bezeichnet, nicht zu Unrecht. „We’ve come all the way from Nashville Tennessee“, und ab geht’s. Da ist dieser unerschütterliche Viervierteltakt, diese anheimelnde Twang-Gitarre, die von Heimat, Fernweh, Krume und dem Ritt auf dem Stier erzählt, da werden die altbekannten Lügen gesungen „The highway ist our home“ – und man glaubt’s aufs Wort.

Collins schafft sich in die Musik hinein: Mit einer explosiven Bluesharp, mit ihrem ungekünstelten, geradlinigen Gesang. Ihre Stimme mag eher gewöhnlich sein, was zählt ist die Energie. Sie lebt die Songs, sie erzählt, wie schwer es ist, einen guten Mann zu finden, dann singt sie’s. Man kauft ihr auch die abgestandensten Rock’nRoll Sprüche als in Stein gemeisselte Weisheit ab: „If You wanna get to heaven, you gotta raise a little hell“. Aber mindestens, her damit. „Cool“ heisst einer der wenigen Songs, bei denen das Gspedal nicht durchgetreten wird – und da vermählt sich die erdige Grundierung merkwürdigerweise mit dem Flirren heisser Luft und lässt an die wüsten Wüstenmusiken von Tito & Tarantula denken.

„Ooh Las Vegas“, ein Tribut an Gram Parsons könnte man ins Fach „Hochdruck-Country-Rock“ ablegen. Collins Gatte Al (auch Bassist bei Jason & The Scorchers) und Drummer Brad Cummings legen das scharfe Tempo vor, auf dem Gitarrist Jason Graumlich rotzig Heißgezwirbeltes abfährt. Noch ein Cover gibt’s in der Zugabe: AC/DC’s „It’s A long way to the top (if you wanna Rock’n’Roll“). Es sieht alles danach aus, als sei diese kleine dreckige Kapelle unterwegs auf diesem Weg.