Das Eldorado der Drummer
Vor sechs Jahren habe ich das Schlagzeugmuseum in Ludwigsburg besucht. Ein ebenso magnetischer wie magischer Ort für Trommler, das Werk von Überzeugungstätern. Nach ein bisschen Facebook-Recherche weiss ich: Es existiert noch, dem Gott des Lärms un Marcel Vogelmann sei Dank. Deshalb hier noch einmal das Stückchen, das ich damals für das Südwestecho, die Baden-Württemberg-Seite der BNN geschrieben habe
Wilhelm Friedrich Ludwig war es, der 1909 dem Schlagzeug den richtigen Kick verliehen hat. Der Mann, damals Trommler in einem Orchester in Chicago, erfand die erste funktionierende Fussmaschine. Heute ist sie in einer Vitrine im Schlagzeugmuseum in Ludwigsburg ausgestellt. „Bill Ludwig, der Enkel des Firmengründers, hat gesagt: Das soll jetzt in Ludwigsburg wohnen“, erzählt Marcel Vogelmann. Er hat das in Deutschland einzigartige Museum 2011 in Ludwigsburg auf zwei Fabriketagen eingerichtet.
Der von aussen unscheinbare Bau beherbergt rund 30 Drumsets, viele interessante Einzelstücke und dazu Memorabilia von prominenten Rockdrummern, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen: Da ist der Vertrag von Led Zeppelin Drummer John Bonham aus den 70ern, in dem der Schlagzeughersteller festlegte, was „Bonzo“ gestellt bekam, was er selbst kaufen musste. „Da ist kein Geld geflossen. Die Musiker waren glücklich, wenn da eine Kiste stand und sie aussuchen konnten, was ihnen gefallen hat.“
Ein Stück weiter steht das Drumset einer Scorpions-Welt-Tour, eine der Attraktionen von Vogelmanns spannenden und mit Anekdoten gespickten Führungen. Die unterschiedlichsten Menschen interessieren sich für die Entwicklung des Schlagzeugs über rund 100 Jahre: „Schön finde ich, dass hier sowohl ein Fünfjähriger als auch ein 80jähriger was für sich entdeckt. Wir hatten Ingenieure von Bosch da, die auch getrommelt haben – für die ist die technische Seite interessanter. Dann gibt es die Fans, die eine halbe Stunde um das Scorpions-Set rumschleichen und sich davor fotografieren lassen“.
Die Besucher kommen aus der ganzen ganze Bundesrepublik, manchmal reist eine Musikschule mit ihren Schlagzeug- und Percussionklassen im Bus an, häufige Besucher sind auch Musikstudenten oder Musikjournalisten. Einige Exponate dürfte der „Otto Normalkonzertbesucher“ indes recht befremdlich finden: Ein Drumset der Firma Staccato etwa mit Kesseln, die Alphörnern ähneln. Die Rarität hatte Vogelmann auf einem Foto gesehen, sich zum Firmengründer durchgefragt, der das Set seinem Sohn geschenkt hatte: „Der hatte schon Angebote, eins aus Las Vegas und eines von einem reichen Japaner. Ich dachte, da kann ich wohl nicht mithalten. Zwei Wochen später ruft er an und sagt, sein Sohn fände es besser, es steht in einem Museum, für alle zugänglich“.
Das Set hatte ursprünglich Mitch Mitchell (Jimi Hendrix) gehört, danach Who-Drummer Keith Moon. Zuletzt hatte es John Bonham ausprobiert. „Eines Tages war dann Nicko McBrain von Iron Maiden hier und fragte mich: Wo hast Du das denn her? Das hatte er damals für die Firma transportiert, als er noch kein Geld mit Musik verdiente!“ Das Liebhaberstück haben schließlich zwei Mitglieder des Vereins erworben, der das Museum trägt. Rund 35 Mitglieder zahlen einen regelmäßigen Obulus, dazu bringen regelmäßige Veranstaltungen Geld in die Kasse. Die Vereinsmitglieder seien „ganz normale Leute vom Hartz 4 Empfänger über Handwerker über Architekten bis zu professionellen Musikern“.
Vogelmann hat früher Schlagzeuge verkauft, lernte dabei viele prominente Drummer kenne und so „haben dann einige gesagt: Wenn Du das Museum, aufmachst, dann kriegst du von mir was.“ Ian Paice, Deep Purple Drummer ist sogar Ehrenmitglied im Verein. Den Engländer lernte Vogelmann kennen, als er ihn für ein Drummer-Magazin interviewte: „Wir haben acht Stunden über Gott und die Welt gelabert, dann hat mich gefragt, ob ich abends zur Show komme, er würde gern nachher noch ein paar Bier mit mir trinken. Das ehrt mich. Meine erste Platte war ‚Made in Japan‘ von Deep Purple!“ Als die Band Ende 2013 in Stuttgart spielte, war ein Besuch im Museum Ehrensache. Paice zeigte ein paar Tricks, hielt ein Schwätzchen mit den Fans, und einen von ihnen nahm er sogar persönlich zum Konzert mit. Immer wieder schauen Promis für Workshops vorbei, so waren etwa Alan White von Yes, Danny Seraphine von Chicago, Bobby Rondinelli (früher bei Ritchie Blackmore’s Rainbow) schon da. Oft kommt es dann auch zu spontanen Sessions, bei den regionale Musiker mit den Stars spielen. „Wir hatten den Drummer von Whitesnake, Brian Tichy, da. Der hat mir gesagt, ich soll trommeln, er will Gitarre spielen“, schmunzelt Vogelmann. Und noch ein kleiner Wink mit dem Drumstick für alle, die Schlagzeug vielleicht bis jetzt irgendwie zu speziell fanden: „Drummers are better Lovers, denn man muss beim Schlagzeugspielen mit allen Gliedmassen eine andere Bewegung ausführen!“