Tod, wo ist dein Stachel?

Death Comedy mit „Der Tod“ im Tollhaus, Karlsruhe, 16.2.2018

Ach Tod! Alles hätte so schön werden können. Da hattest du, unter der Kapuze eines Comedians versteckt, so eine gute Idee: Als Sensenmann auf Kleinkunstbühnen aufzutreten und die Leute lachend mitzunehmen in dein Reich. Soweit, so hoffnungsvoll. Ja, sie haben gelacht. Obwohl dir nichts Lustiges eingefallen ist. Absolut nichts, wie du in deinem Programm „Happy Endstation“ am Freitagabend im Tollhaus bewiesen hast.

Mit Pomp, großer Geste und den vorhersehbaren Licht- und Nebelwallungen betrittst du zunächst als blinder Flößer die Bühne, der die Toten in ihr Reich übersetzen soll. „Mein Name ist Haron, mit ‚Ch‘ vorn“, wiederholst du ein ums andere Mal. Weil du offenbar glaubst, das sei ein Running Gag. Warum Haron mit ‚Ch‘ vorn berlinert, auch das wirst wohl alleine du wissen. Mitgebracht hast du eine aus unerfindlichen Gründen wild fuchtelnde „Exitussi“, die nicht spricht und offenbar keine weitere Bedeutung für den Fortgang der Verrichtungen hat als wild zu fuchteln und nicht zu sprechen. Gut, später tritt sie nochmal als Teufelstochter auf und schreit schrill. 

Es ergrünt das Licht im dräuenden Nebel. Nun bist Du endlich Gevatter Tod persönlich, atmest wie Darth Vader und sprichst wie ein Knabe im Stimmbruch. „Mein Name ist Tod, Vorname Der“. Huch, da habe wir uns aber mächtig gegruselt. Aber es kommt gleich noch grusliger und man fragt sich: Tod, wo ist dein Stachel? Hast du ihn in den Stammtisch gerammt, wo man dein Problem sicher gut versteht: dass du nämlich beim Abholen eines Beamten Probleme hast, den lebenden vom toten zu unterscheiden? Also bitte, grimmer Schnitter: Selbst ein Büttenredner vom Karnelvalsverein Bembelsbach-Süde würde sich in Grund und Boden schämen, mit derlei streng riechenden Witzleichen vor sein Publikunm zu treten. Oder auch vor die Abzuholenden. Denn du hast ja gerade erklärt, dass das „e“ in „Sterb!“ falsch ist. Also nimmst du jetzt das richtige „i“ und schleuderst den Todeskandidaten entgegen „Sterbi!“ – und schon haben sie keine Angst mehr vor dir. Sagst Du. Du bist auf einer Mission. Da kennst Du nix, Tödchen. Was ein richtiger Tod ist, der muss etwas gegen das „Friedhofsterben“ tun. Sollte das ein echtes caritatives Anliegen sein, eine kabarettistische Spitze gar gegen den Trend, seine Asche irgendwo verstreuen zu lassen? Ach Todi! Dazu fällt betimmt was Großartiges ein. Ja: Grabstein-Sponsoring! Munter zeigst du Dias und lieferst Sprüchlein der Marke „Douglas-Kunden sterben nicht, die verduften“, um ein paar Minuten später aus heiterem Himmel irgendwie halb-politischen Gedanken auszusprucken. Du habest das Gefühl, es gebe „niemand, der Dinge zu Ende bringt.“ Zum Beispiel Stuttgart 21, oder den Hauptstadtflughafen. Hatten wir uns schon gedacht. Dann wieder ein Filmeinspieler deiner eigenen Nachrichtensendung, die die Zuschauer mit „Toten Abend“ begrüsst. Der Rest der Nachrichtenparodie ist etwa genauso originell. Wie überhaupt der ganze Abend von einer Häufung großartiger Talente lebt: Ein lieblos zusammengeklatschter Haufen von Witzen der Güte „Kommt ein Mann zum Arzt“, aufgepeppt mit Faschingskostümen und musikalischem Theaterdonner, und vorgetragen ohne jedes Gefühl für Sprache, Spannung und Timing. Ach Todilein, das war ein wirklich tödlicher Cocktail. Jetzt haben wir doch ein bisschen Angst vor dir. Sterbi!