Walk The Earth

Hell & Back Records / VÖ: 20.10.2017

Jetzt mit weniger Kohlehydraten

Eine Hymne ist Pflicht pro Album: ›Walk The Earth‹ schreitet gravitätisch das vertraute, traditionelle Europe-Terrain ab: Vom Orgelschwellkörper zum Riff zum großmächtigen Joey-Tempest Gesang. Der singt nicht, der deklamiert, während die Kapelle das gewohnte Breitwand- Kino durchexerziert. Aber danach beginnt eine teils doch recht schräge Achterbahnfahrt, bei der die Schweden immer wieder die Grenzen dessen auslosten, was sie ihrem Publikum glauben zumuten zu können.

Schroffes Riff im Kontrast mit süffigem Refrain, dazu ein paar überraschende Breaks und orientalisch anmutende Stimmung im Gitarrensolo – so funktioniert ›The Siege‹. Ähnlich kontrastreich läuft es bei ›Election Day‹. Für die mellotrongeschwängerte Ballade ›Pictures‹ muss der Geist David Bowies Joey Tempest und den Seinen im Traum erschienen sein und ›Wolves‹ ist wahrscheinlich das finsterste Stück Musik, dass sie in ihrer Karriere versucht haben. Ein ungut leiernder Riff aus der Hölle, dazu ein fieses Brummen in entrücktem Klanggewand, auf dass das Blut in den Adern gefrieren möge, mit John Norums seltsam irrlichterndem Gitarrensolo als Exorzismus. Nein, eine biedere Altrocker-Gemütlichkeit will sich einfach nicht mehr einstellen. Das ist verdienstvoll, wirkt aber streckenweise etwas überladen. ›GTO‹ hat klingt zwar vordergündig wie eine dieser typischen Uptempo-Nummern mit Double-Bassdrum-Gebolze, aber wird unterspült von leicht disharmonischen Soundeffekten. Und ›Haze‹ ist richtig böser Metal mit verstolpertem Metrum, so böse wie diese netten Männer eben mal können. Am Schluss wird es endlich noch mal hymnisch. Auf klassischer Grundorgel baut sich ›Turn To Dust‹ sehr effektvoll um ein ständig wiederholtes Thema zum eindrucksvollen Ohrwurm auf – hochmelodiös, aber gänzlich zuckerfrei.

8/10