Beklemmend und befreiend

Fish im Substage, Karlsruhe, 9.11.2014

Der Mann hat es im Griff, von Anfang an. Obwohl er von einer schweren Erkältung geplagt ist und „schwitzt wie ein Schwein“: Er kämpft vor rund 500 begeisterungsfähigen Fans im Substage von der ersten bis zur letzten Minute. Mit einer bestimmten, aber doch freundlichen Geste bringt er die Smartphone-Hobbyfilmregisseure in den ersten Reihen zum Einpacken ihrer Geräte. Gut so, sonst hätten sie vielleicht nicht die raumgreifende Düsternis bemerkt, die das langsam anschwellende „Perfume River“ vom aktuellen Album „A Feast Of Consequences“ erzeugt. Die üppige Instrumentierung lässt die Schwächen der angeschlagenen Stimme hinter dem überzeugenden Gesamteindruck verschwinden. Der Song malt in dick aufgetragener Ölfarbe den Alptraum einer aus den Fugen geratenen Welt. Der Sänger tanzt dazu seine eigene Choreografie.

Bemerkenswert, mit welcher Leichtigkeit dieser Zwei-Meter-Bär sich auf der Bühne bewegt und dabei jeden Zuhörer bis zur letzten Reihe in seinen Bann zieht. Man spürt, dass er diesen Abend in seiner „zweiten Heimatstadt“ genießen will. Im ersten Teil des zweistündigen Sets platziert er punktgenau wütende Stücke vom „13th Star“ Album. „Square Go“ mit seinem monolithischen Metal-Riff und „Manchmal“ loten Abgründe menschlicher Beziehungen aus, bevor die „High Wood“-Suite aufgeführt wird, das aus fünf thematisch verknüpften Songs bestehende Erster-Weltkrieg-Epos des aktuellen Albums. Noch akzentuierter, noch gravitätischer als in den Studiofassungen wirkt die Konzertdarbietung. Faszinierend ökonomisch gesetztes Riffing erzeugt Lustangst und Großkino-Grusel, die Leinwand spielt historische Bilder.

„Slainte mhath“ – die erste Reminiszenz an Marillion-Zeiten – wirkt anschließend fast wie eine fröhliche Melodie. Solche Sing-Anlässe lässt der kundige Prog-Experte im Publikum nicht fahren, und schmettert so textsicher wie falsch „This is the story so far“. Fish nutzt die Gunst der Gunst des Publikums, um die Stimmung unvermittelt wieder pfeilgerad in den Keller zu fahren. Da kennt er gar nichts. Das Intro zu „Vigil In The Wilderness Of Mirrors“ wird zu einer furiosen, aber auch resignierten Anklage gegen alles Böse in dieser Welt – und gleichzeitig Bestandsaufnahme der eigenen Ratlosigkeit. „Ich bin 56 Jahre alt, ich habe mehr Angst als je zuvor“, sagt er. Und wandert durch die Menge, schüttelt Hände, schaut seinen Zuhörern in die Augen und macht sie zu Verbündeten seiner Angst und Verunsicherung: „I don’t know the score anymore. It’s not clear anymore. I can’t tell right from wrong anymore. I just don’t understand“. Man mag das für pathetisch halten. Glaubhaft ist es allemal. Derek William Dick ist Fish und umgekehrt. Da gibt es keine Trennung zwischen dem Menschen und dem Bühnentier, zwischen privat und politisch. Spätestens bei „The Company“, diesem vordergründig ausgelassenen „drinking song“, ist dann auch die letzte Barriere zwischen Künstler und Publikum gefallen. Sie singen wieder. Der auf der Bühne mit letzter Kraft, die im Publikum gestärkt und bereit, es mit den Fährnissen der Welt aufzunehmen.

„Slainte mhath“ – die erste Reminiszenz an Marillion-Zeiten – wirkt anschließend fast wie eine fröhliche Melodie. Solche Sing-Anlässe lässt der kundige Prog-Experte im Publikum nicht fahren, und schmettert so textsicher wie falsch „This is the story so far“. Fish nutzt die Gunst der Gunst des Publikums, um die Stimmung unvermittelt wieder pfeilgerad in den Keller zu fahren. Da kennt er gar nichts. Das Intro zu „Vigil In The Wilderness Of Mirrors“ wird zu einer furiosen, aber auch resignierten Anklage gegen alles Böse in dieser Welt – und gleichzeitig Bestandsaufnahme der eigenen Ratlosigkeit. „Ich bin 56 Jahre alt, ich habe mehr Angst als je zuvor“, sagt er. Und wandert durch die Menge, schüttelt Hände, schaut seinen Zuhörern in die Augen und macht sie zu Verbündeten seiner Angst und Verunsicherung: „I don’t know the score anymore. It’s not clear anymore. I can’t tell right from wrong anymore. I just don’t understand“. Man mag das für pathetisch halten. Glaubhaft ist es allemal. Derek William Dick ist Fish und umgekehrt. Da gibt es keine Trennung zwischen dem Menschen und dem Bühnentier, zwischen privat und politisch. Spätestens bei „The Company“, diesem vordergründig ausgelassenen „drinking song“, ist dann auch die letzte Barriere zwischen Künstler und Publikum gefallen. Sie singen wieder. Der auf der Bühne mit letzter Kraft, die im Publikum gestärkt und bereit, es mit den Fährnissen der Welt aufzunehmen.