Flying Colors
Second Nature
Mascot Records / VÖ: 30.09.2014
Suhlen im Wohlklang
Es sind garnicht so sehr die zwei langen Stücke, die das zweite album der Prog-Rock-Supergroup zu einem solchen Genuss machen. Klar ist es eine Wohltat zu hören, wie sie im 13minütigen ›Open Up Your Eyes‹ die Spannung halten, dabei mehrmals Haken schlagen, dabei immer auf dem schmalen Grat zwischen Melodieseligkeit, Härte und Komplexität balancierend. Noch schöner aber ist die Detailverliebtheit, die gerade die kürzeren Songs zu einem wahren Freudenfest macht: Das geradlinig marschierende ›Mask Machine‹ mit seiner ideenreichen Instrumentierung, die kantige Riffs in Kontrast zu einem butterweichen Chor setzt. ›A Place In Our World‹ besticht durch Beatles-Harmonien und großartiges Orgelspiel. ›Peaceful Harbor‹ schließlich hat Gospel-Qualitäten, ohne dass man sich gleich in die Kirche geschickt fühlt. In ›One Love Forever‹ findet der aufmerksame Beobachter des Schaffens von Steve Morse jenes Country-Folk-Flair wieder, die schon ›The Aviator‹ auf Morses Deep Purple-Debüt Purpendicular zu einem aussergewöhnlichen Kabinettsückchen gemacht hatte. Das Album ist die eleganteste, emotionalste Kreuzung zwischen Pop, Rock und Prog, die je zu hören war. Fast immer feierlich, nie pompös oder pseudo-bedeutungsschwanger umwölkt. Einzig Mike Portnoys Drumming ist – wieder mehr als auf dem Debüt – von Größenwahn überschattet. Aber diese unfassbar schöne Musik kriegt auch er nicht zerhackt.
9/10