Gebremster Schaum im Schlachthof?

Fury in the Slaughterhouse, Festhalle Durlach, Karlsruhe, 11.11.2002.

Sie haben nicht nur eine stilkompatible Vorband (Gallop) mitgebracht, sondern starten ihren Gig mit einem eigenen Vorfilm. Der sich einerseits wohltuend abhebt vom handelsüblichen Musikvideo-Flachsinn, andererseits mit seiner ausgeprägten Roadmovie-Ästhetik auf den alten Tick der Furys hinweist, dass sie in einem anderen Leben mal Amerikaner gewesen sein müssen. Und mit „Every Generation“ erhebt sich dann die eigentliche Musik, eine gutgeölte Maschinerie, die sich zunächst verschattet gibt, auch in der Lichtregie die Musiker nicht wirklich in Farbe taucht.

Keine Ansagen, auch nicht bei „The Shape of Things To Come“. Das stammt vom aktuellen Album und ist eine Coverversion vom einzigen Album der fast völlig unbekannten Headboys (1980). Hätte Herr Wingenfelder den Menschen gesagt, was da gerade gespielt wurde, wäre ihm ein Preis in der Sparte „Pädagogische Konzertgestaltung“ sicher gewesen. Fury in the Slaugterhouse sind eine klassische Albumband. Sie können es sich leisten, ihre Hits da einzustreuen, wo es musikalisch passt. „Radio Orchid“, der Song über die alte Frau, die einen Sender kauft, ist einer der schönsten, den die Hannoveraner je geschrieben haben. Und zeigt eine Schwäche der Band: Sie groovt nicht, sie rumpelt. Was aber der Atmosphäre solcher Songperlen wenig Abbruch tut. Und dann kommt – auch recht früh – die Fury-Hymne schlechthin: „Won’t forget these Days“. Half-plugged, könnte man sagen. Kai Wingenfelder begibt sich in die Menge, um ein bisschen mit den Menschen um die Wette zu singen. Und das ist schön, auch auf der Videowand im Bühnenhintergrund gut zu beobachten. Es ist auch schön, weil es die genaue Antithese zum sogenannten „Moshpit“ darstellt, bei dem Metalfans in einer Art Käfig eingesperrt den Schweiß von Menschen wie James Hetfield trinken dürfen. Danach dann wieder computergenerierte Grooves, die seltsamerweise diese naturbelassene Band zu beflügeln scheinen. „Are you real“ ist ein veritables Brett, ein Anflug von Rap gar, und mit „Midnight Rider“ (Original: Allman Brothers) kommt wieder diese Athmosphäre über die Bühne gallopiert, die nach Schmieröl, Männerschweiß und umstürzenden Kakteen vor rostigen Zapfsäulen schreit. Obwohl ein Experte im Publikum murmelt, es könne ruhig ein bisschen schmutziger zugehen da. Das soll es offenbar auch – gegen Schluss des regulären Sets wird in die Rock’N’Roll Kiste gegriffen, und das hat zwar alles Tempo und ansatzweise Drive. Aber nein, Stücke die ans Herz gehen, liegen bei Fury eben durchweg im Midtempobereich. Oder in begnadeten Coverversionen. Wie „When I’m Dead and Gone“, im Original von McGuiness/Flint, das in einer etwas wirren Einleitungsrede zu einer Art Britney-Spears-Hass-Song umdeklariert wird. Wäre nicht nötig gewesen, Jungs. Aber das erwartungsgemäß üppige Zugabenbuffet schon.