Mit vier Saiten um die Welt

53 Jahre auf der Bühne: Der Wahl-Karlsruher Bassist Georg Grimm

Notiz: Georg Grimm ist eines der vielbeschworenen „Urgesteine“ der Karlsruher Musikszene. Ein Mann, der voller Geschichten ist und sie auch erzählen kann, der eigentlich so langsam mal in die Pötte kommen sollte mit einem Buch seiner Erinnerungen. Ich habe selbst ein paar Jahre lang mit ihm in einer Band gespielt, und von daher war es mir ein Vergnügen,  nach unserer gemeinsamen aktiven Zeit dieses Porträt zu schreiben, das 2015 in den BNN erschien. Here we go….

„Es war wie in vielen Bands: Da gab’s Gitarristen, einen Schlagzeuger, und dann hieß es: Wer macht jetzt Bass? Ich hab‘ gesagt: Okay, ich probiere es mal“. So kam Georg Grimm zu seinem Instrument – und mit dem stand er bei seinem ersten Profi-Engagement 1962 in Bochum auf der Bühne. Der Beat hatte die deutsche Jugend infiziert, und die Silver Strings hatten ein Engagement, dass jedem Musiker 1200 Mark im Monat einbrachte. Georg war einfach von zu Haus abgehauen, ohne die notwendige Erlaubnis seiner Eltern einzuholen, und „mein Vater war Lokfüher, der hat 800 Marl verdient. Der konnte es überhaupt nicht fassen, dass man mit ‚Negermusik‘ so viel Geld verdienen kann“.

Für den 17jährigen war mit diesem Job klar: Ab jetzt wird nur noch Musik gemacht. Mit möglichst vielen verschiedenen Leuten in möglichst vielen Stilistiken. Aber weil es auch ums Überleben geht, nimmt man gutbezahlte Jobs wie die in den Clubs der US Army gern an: „Wir haben Kohle verdient wie die Weltmeister, und wenn die Manöver hatten, hatten wir frei, wurden aber trotzdem bezahlt. Aber ausserhalb dieser Clubs kannte uns in Deutschland leider keiner“.

Mike Warner, der Sänger der Band, holt 1964 den Gitarristen Albert Lee aus England. Das ist für Grimm der Beginn einer lebenslangen Freundschaft und der Einstieg in die britische Szene. Man geht in die „2i’s Coffee Bar“- den Treffpunkt für Musiker schlechthin. „Da fand man immer jemanden, mit dem man spielen konnte“. Zum Beispiel Tony Sheridan, der mit den frühen Beatles im Hamburger Starclub bekannt geworden war. Der junge Bassist spielt Konzerte mit Sheridan, unter anderem im Pariser Olympia: „Dort war George Moustaki im Publikum. Der hat mich und den Drummer danach zu einer Session im Studio eingeladen. Der hatte eine unglaubliche Ausstrahlung. Der kam mir vor wie ein Heilger, in seiner ruhigen Art, und seine Musik hat mir so imponiert. Das war eine völlig andere Schiene“. Mitte der 70er geht er nach Amerika, entdeckt dort Country, Country Rock und Bluegrass Music und lässt Frau und zwei Kinder in Deutschland zurück. 1975 ist es, als plötzlich ein Mann neben ihm auf der Bühne steht, sich einfach ein Gitarre schnappt und mitmacht. „Erst nach einer Weile hab‘ ich gemerkt, dass das Willie Nelson war“. Immer wieder kommt es zu solchen Begegnungen mit ganz Großen. Berührungsängste kennt der gebürtige Hamburger nicht. Allenfalls beschleicht in gelegentlich das Gefühl: „Du musst noch mehr geben, damit du nicht das schwächste Glied in der Kette bist“ Die Liste der Musiker, mit denen Georg Grimm live oder im Studio gearbeitet hat oder einfach nur mal eine Jam-Session gespielt hat, ist eine halbe eng beschriebene DIN A 4 Seite lang. Namen wie Carl Palmer, Chris Farlowe, Emmylou Harris, Pete York und Adriano Celentano finden sich darauf. Er hatte seinen größten Auftritt in einem Stadion in Houston vor 65.000 Leuten, und im Cesars Palace in Las Vergas hat er auf der Bühne gestanden, statt sein Geld am einarmigen Banditen zu verzocken. Flexibilität war immer Georg Grimms Ding. Er hat nie „die eine“ erfolgreiche Band gesucht, die über Jahre ein sicheres Einkommen garantiert. Er wollte Erfahrungen sammeln. „Ich hatte keinen Plan, aber ich ich habe immer gewusst, wo ich am nächsten Tag wieder Geld verdienen kann und immer Leute getroffen, mit denen ich was Neues probieren konnte. Man darf sich aber nicht darauf verlassen, sonst steht man schnell ohne Kohle da. Und gespart habe ich mein ganzes Leben noch nie“, schmunzelt er. Anfang der 90er Jahre veschlägt es ihn nach Karlsruhe. Die Fächerstadt hatte es ihm schon 1964 angetan – während eines Engagements im Starclub auf der Kaiserstraße. „Man spielte von mittags zwei bis nachts um zwei im stündlichen Wechsel mit einer englischen Band. Jede Woche einmal war ein Stargast da. Casey Jones, Manuela, Percy Sledge. Der war war in Karlsruhe stationiert, der kam und fragte, ob er mal singen darf. Keiner von uns kannte ihn, nur seine Songs. Wir spielten und dachten, der singt ja die Sachen besser als das Original, bis sich herausstellte, dass er es selbst war.“ Groupies gab es auch – in Karlsruhe! „Die hatten sich schon anhand der Bilder ausgeguckt, wer von den Musikern für sie interessant sein könnte, bevor die Bands kamen, und die waren nicht nur an den englischen Musikern interessiert.“ Heute ist Grimm, der im Februar 70 geworden ist, nach wie vor Gast in vielen Bands, spielt Sessions, gibt Gitarrenunterricht und hat eine Stammband: Die Rolling Drunks. Jeden Dienstag kann man ihn im „Scruffys“ in der Karlstraße bei der Session erleben. „Das ist mein Wohnzimmer“, schmunzelt er. Nur zwei, mit denen er gerne mal spielen würde, sind noch nicht vorbeigekommen: Mark Knopfler und Jeff Beck.