Das Blues-Delta liegt in der Südpfalz

Timo Gross, Karlsruhe, Jubez, 16.1.2019

Sein Kumpel Ben ist schuld am Bluesmusiker Timo Gross. Vor etwa 15 Jahren war es, als der Pfälzer plötzlich keine Lust mehr auf Musik machen hatte. Ab den 80er-Jahren hatte er als Dienstleister alles von Country bis Hip Hop und Schlager gespielt, als Studiogitarrist gearbeitet und Werbemusik komponiert. Aber eigentlich gehörte sein Herz dem Blues. Aber er traute sich nicht so recht. Bis Ben kurzentschlossen 6000 Euro abhob, sie ihm in die Hand drückte und sagte: „Keine Ausreden mehr!“.

Bis zur ersten eigenen Blues-Platte „Down To the Delta dauerte es dann noch über ein Jahr, aber 2005 gebar Gross dieses Baby, das er auf der laufenden Tournee in voller Länge live abfeiert. Mit dem Titlesong, einer flüssigen, geradlinigen Rocknummer, die zwischen reinrassigem Blues und Southern-Rock pendelt, hat er sein (wieder ein bisschen gewachssenes) Publikum im Jubez sofort im Griff. Die Triobesetzung mit Franz Eichberger am Schlagzeug und Patrick Pilarski am Bass macht keine Gefangenen. Was nicht heisst, dass diese Band als lärmiges Power Trio rüberkommt. Das könnten sie auch, wohlgemerkt, aber hier geht es um Nuancen, um eine wohl austarierte Lautstärke-Dynamik, um den immer wieder souverän ausgespielten Kontrast zwischen Eleganz und Raubeinigkeit.  

Mit dem Titelsong „Down To The Delta“ geht es los- , einer flüssigen, geradlinigen Rocknummer. Ein Knarzendes Lick, und Gross hat das Publikum. Bei „Digging In The Dirt“ ist eine ganz eigene Swing-Kompetenz der Rhythmusabteilung gefragt, wie im lässigen Shuffle „Further On Up“. „Sugar Mama“ ist einer dieser Songs, die lautmalerisch einen fiesen Sumpf heraufbeschwören, aus dem irgendetwas Ungutes kriecht – vermutlich eine Schlange. Aber schon entspannt der Gitarrist die Lage, in dem er dem Publikum ganz unaufdringlich eine Art leisen, beschwörenden Gospelgesang entlockt.

Als Gitarrist beherrscht Gross die Kunst, nie sofort aus allen Rohren zu feuern. Seine Soli sind oft eher lauernd angelegt. Da wird ein Thema umspielt, umtänzelt. Da flattern die Töne ab und an vollkommen frei aus dem Rhythmusfundament hinaus. Das große Zerren und Rupfen, die Momente in den Musiker und Publikum den Mund für gewöhnlich weit aufreissen, stellen sich erst nach sorgfältiger Vorbereitung ein. Wie in „Home“. Da fährt Gross gegen Ende des regulären Sets die Artillerie auf, dass es gerade so spritzt. Dass es vor der Zugabe auch noch eines der seltenen musikalisch wirklich ansprechenden Schlagzeugsoli gibt, ist das Sahnehäubchen und der Beweis, dass die gesamte Kapelle keine vordergründigen Show-Effekte braucht, um ihre ganze Klasse zu zeigen.