Zwei Irre aus Hamburg

Gerhard Henschelund Billy Shears retten die Beatles. Jubez, Karlsruhe, 30.11.2005

Man stelle sich vor, die Beatles gehen wieder auf Tour, und keiner geht hin. Eine absurde Vorstellung, in jeder Beziehung. Nun stelle man sich vor, der Autor des vielleicht vergnüglichsten, absurd-komischsten Buches (zumindest in deutscher Sprache) zum Thema Beatles liest in Karlsruhe und drei zahlende Zuhörer erscheinen. So geschehen am Dienstagabend im Jubez. Gerhard Henschel, Autor von „Der dreizehnte Beatle“ denkt erst mal nach, was man nun mit dem angebrochenen Abend machen soll. Gleich Bier trinken oder erst lesen? Okay: Erst Bier trinken, dann lesen, dann wieder Bier trinken. In Darmstadt kamen auch gerade mal zwei Zuschauer, erzählt er beim Aufwärmpils, anderswo aber sechzig. Und das es prinzipiell schwerer sei, bei dreizehn Zuschauern das Haus zu rocken als bei dreihundert.

Also gut: „Guten Abend Karlsruhe“. Stadionbegrüßung und dann runter ins kleine Format und ins gekürzte Programm. „Ich freue mich, die kulturelle Elite Karlsruhes begrüßen zu können“. Es wird eh keine Beatles-Reunion geben. Nicht etwa, weil John Lennon tot ist, sondern weil die Beatles schon vor „Sgt. Pepper“ aufgehört haben, zu existieren. Wer den „dreizehnten Beatle“ gelesen hat, weiß auch, wer schuld daran ist: Daniel Seliger aus Hamburg Altona, Jahrgang 1968, der im Mai 2005 ebendort in einer Kunstgalerie eine Märchenfee trifft und mit deren Hilfe in die Lage versetzt wurde, im November 1966 in London die Begegnung von John Lennon mit Yoko Ono zu verhindern, jetzt unter dem Pseudonym Billy Shear. Billy vermasselt es, Lennon fällt nach einem von ihm indirekt verursachten Autounfall ins Koma. Zwar trifft er Yoko nicht, aber als er wieder erwacht, hat weder er noch ein anderer seiner Kollegen Lust, als Beatles weiterzumachen. So hat das Billy nicht gewollt, und er beginnt sich gegen die selbst verschuldete Geschichtsfälschung aufzulehnen….

Henschel knallt Leser und Hörer zu mit Daten und Fakten, Zitaten und Stimmungen. Dem Kenner wird es Bestätigung seines Wissens sein, Quelle von Schmunzeln und Lachanfällen ist es für alle. Henschel liest die Szene, in der sich Billy Roger Moore mit den Worten „Lord Brett Sinclair, I presume“ bekannt macht und dann auf dessen verdutzte Reaktion mit „Never mind, Euer Durchlocht“, zu antworten. „But, oh, by the way – mir schwillt da eine Frage im Gebeiß….“. Dass Roger Moore 1966 noch nicht weiß, dass er dereinst Held einer Fernsehserie sein wird, die im Deutschen „Die Zwei“ heißt und von den nur im Deutschen komischen Dialogen lebt, macht die besondere Komik des Textes aus. Derlei Szenen bietet das Buch en masse auf.

Als sehr weise stellt sich die (vom Verlag mit ganz leichten Bauchschmerzen getragene) Entscheidung heraus, viele Dialoge zumindest in Teilen in Englisch zu belassen. Wenn Billy etwa Janis Joplin erklärt, sie solle an einem bestimmten Tag auf keinen Fall Alkohol und Heroin zusammen konsumieren. Und was antwortet sie? „Get that motherfuckin’ sonofabitch outta my sight or I’ll kill him! Goddammit! I’m here to have a party! Don’t need no fuckin’ maniac hangin around’” So, wie Henschel das liest, glaubt man, Janis Joplin zu hören. Schade eigentlich, das mit dem Kurzprogramm. Die kulturelle Elite Karlsruhes hätte sich gerne das ganze Buch vorlesen lassen.