Both Sides Live
Eigentlich müssten die Ober-Hooters Hyman (59) und Eric Bazilian (55) keine Alben mehr aufnehmen und nicht mehr auf Tournee gegen. Die beiden haben ihre Rente schon lange als Songschreiber mit Cindy Laupers „Time After Time“ oder „One Of Us“ (das Bazilian für Joan Osbourne schrieb), verdient. Aber die Hooters sind nach wie vor ihre Leidenschaft: Hits wie „All You Zombies“ oder „Satellite“ machten sie in den 80er Jahren weltberühmt.
Und viele hielten die Jungs aus Philadelphia für eine europäische Band. Was ihre beiden Köpfe noch heute als Kompliment, nicht etwas als Arroganz der Alten Welt ansehen: „Unsere Inspiration sind britische Bands Beatles Rolling Stones, The Who, in den frühen 80iger Jahren haben uns The Specials und Madness gefallen“ sagt Eric Bazilian. „Das ging auch in andere musikalische Bereiche wie Traffic, Faiport Convention, John Martyn“, ergänzt Rob Hyman. „Es hat sich einfach so ergeben, dass unser Publikum ein europäisches Publikum geworden ist. Das haben wir im Hinterkopf, wenn wir aufnehmen. Wir sind in den 80er Jahren viel in den USA getourt, das war fantastisch. Aber es wird hart für eine Band, auf dem gleichen Level zu touren, auf dem man es eben haben möchte, wenn man keine Hits mehr hat.“
1995 legten sie die Band auf Eis. 2007 erschien eine neue Hooters CD, und nun gibt es ein Live-Doppelalbum „Both Sides Live“, das von der ungebrochenen Bühnen-Leidenschaft der Herren zeugt. „Dabei verlieren wir manchmal Geld“, sagt Hyman. Für „Both Sides Live enthälr ein Unplugged-Album, das unter im bandeigenen Studio aufgenommen wurde „Es waren etwa 30 Leute im Publikum, die saßen im Kontrollraum. Alle Musiker saßen in schallisolierten Kabinen und die Zuhörer hatten Kopfhörer mit einem Lautstärkeregler auf. Wir sagten den Leuten: wir nehmen auf, wenn wir einen Fehler machen, fangen wir den Song jeweils noch mal an. Es war also mehr eine Session als eine Show.“
Eine Session, an der auch die Geigerin Ann Marie Calhoun mitgewirkt hat (zuletzt mit u.a. mit Jethro Tull und Steve Vai auf Tour): „Das stand zuerst fest. Die elektrische Gitarre „singt“ auf eine Weise, die die akustische Gitarre nicht drauf hat. Dann haben wir ja auf den Studioversionen ein Menge Melodica, Akkordeons und Blockflöte in den Overdubs. Das sind wichtige Teile der Musik, und die Idee war, dass die Violine all das abdecken kann. Das gab uns die Freiheit, mit unseren Hauptinstrumenten etwas anderes zu machen. Also haben wir einiges quasi hinter den Grundmauern hochziehen können.“.
Nach wie vor stehen unter allen Hooters-Songs die Komponisten-Credits Hyman/Bazilian. Beide sind beteiligtm aber sie komüponiern nicht „zusammen“ im wörtlichen Sinn. »›I’m Alive‹’ hatte ich 1994, zwei Tage nach ›One Of Us‹ geschrieben. Aber wir fanden den Schlüssel dazu erst 2004. Für mich ist etwa fertig, wenn es für Rob in Ordnung ist. Er ist mein musikalisches Gewissen«. Der gibt das Kompliment zurück: »Eric schreibt viel mehr als ich. Wahrscheinlich hat er heute Nacht wieder drei neue Songs auf seinem Laptop erfunden. Ich kann mir’s dann wie ein Artist & Repertoire Manager aussuchen. Wenn es passt, dann kommt die Überlegung: ich will aber nicht nur der Pianist im Hintergrund sein. Ich will singen und den Song spielen, so als wäre er von mir“. Eric Bazilian grinst dazu nur: „Ich streite mich da gar nicht mehr mit ihm, denn ich weiß, er hat immer recht“.
Trotz finanzieller Unabhängigkeit und der Freiheit, sein eigenes Ding ohne Plattenfirma durchziehen zu können, fühlt sich Eric Bazilian im Jahr 2009 keineswegs weniger unter Druck als in den 80er Jahren „Ich habe das Gefühl, wir müssen etwas beweisen! Ich denke, jede Band die in den 80et Jahren Hits hatte, will beweisen: Wir sind keine Nostalgieveranstaltungen, wir sind als Band gewachsen und wir sind besser als früher“. „Schau mal, ‚All You Zombies’ – das hat jetzt beinahe 30 Jahre Bestand“, wirft Rob Hyman ein: „Ich will noch einen Song schreiben, der 30 Jahre lang etwas zu sagen hat“.