Viel Lärm um überhaupt nichts

JBO in der Festhalle Durlach, Karlsruhe, 1998

 Vito heißt eigentlich Veit. Aber weil er jetzt in dieser tollen Band spielt, darf er sich Vito nennen. Und wer Vito heißt, der kann auch mit seinem Publikum so umspringen, wie es ein Veit gar nimmermehr könnt. Gleich am Anfang macht er seinen gut 1.000 Lemmin-gen klar: „Wenn ich sage: Danke, Karlsruhe, dann sagt Ihr: Bitte, Vito“. Und das Publikum sagt: „bitte Vito“. Dann haut er in die Gitarre und macht drei Minuten lang irgendeinen ge-nialen Rocksong zu Schrott.

Dann kommt sein Freund Hannes dran, der bietet drei Hits aus der aktuellen CD zur Auswahl, abgestimmt wird durch lautes Schreien. Das Publikum schreit laut. Dann machen Hannes und Vito drei Minuten lang einen genialen Rocksong kaputt. Danach ver-kündet Vito, es sei ja schon nicht schlecht, dass jetzt auch BHs auf der Bühne an-gekommen seien. Aber der da sei leider noch nicht benutzt, also müsse man ihn zurück-geben. Man nehme nur benutzte BHs, nämlich. Das Publikum schreit, das weibliche schrill, die Herren wackeln mit den Bieren. Dann machen Vito, Hannes und die anderen zwei wieder einen Song kaputt, und es wird aus „Walk like an Egyptian“ flugs „Walk with an Erection“. Auf der Bühne wird eine solche gezeigt, vermutlich aus Pappendeckel und etwa einen Meter lang. das männliche Publikum schlägt sich transpirierend auf die Schenkel.

Jetzt käme ein genialer Musiker mit auf die Bühne, der aber schon tot sei, sagen Hannes und Vito. Deshalb, weil er sehr tot und des-halb auch recht taub sei, müsse man nun wieder schreien. Dann käme er schon, aber nur dann. Das Publikum schreit jetzt sehr, hoho. Ein gewisser Bob Marley erscheint und singt … na was wohl? „Ka Alde, ka Gschrei…“ („No Woman No Cry) das Publi-kum signalisiert Zustimmung durch Hammel-sprung. Der fränkische Bob Marley verkündet weitere Weisheiten, dass nämlich des Mannes wahre Freude die Liebe im Handbetrieb sei. Das Publikum schreit und wird gnaz lila im Gesicht. Hui, was der sich traut, echt geil….

Und dann wird noch ein boßchen Rammstein geärgert. Weil nämlich JBO den Hit von Nicole „Ein bißchen Frieden“ im Rammstein- Stil parodiert, ist die Plattenfirma des oberen rechten Randes der deutschen Hitparade ein bißchen sauer. Und das freut JBO, denn dann wirken sie ja sogar ein bißchen kritisch, wenn sie das inkriminierte Lied weiter spielen. Das Publikum schreit vor Begeisterung, vor soviel Heldenmut. Natürlich auch die Jungs, die in Rammstein-T-Shirts in die Festhalle gekom-men sind. Vorne kippt inzwischen ein Mädel um, die Band verübt stoisch ihr Handwerk.

Es könnte genausogut was anderes sein, sie würden zum Beispiel gut als Hausband in den Ballermann 6 nach Mallorca passen. Aber jetzt wird das Publikum gefragt, ob es mehr Heavy Metal will, damit man noch einen genialen Rocksong zu Klump spielen kann. Das Volk will, denn es schreit sehr. Also kommt jetzt „Schlaf Kindlein schlaf“. Das war einmal „Enter Sandman“ von Metallica. Und zwischendrin ist ein Break. da schreit Hannes das Publikum an, es solle jetzt nicht schreien. Das sei schließlich ein Schlaflied. Das Publikum schreit jetzt nicht.