Heavy Horses. New Shoes Edition

Chrysalis I VÖ: 20.4.2018. Originalveröffentlichung 1978

Mehr geht nicht!

Das nennt man Vollbedienung für den Fan: Auf drei CDs und zwei DVDs findet sich der neue Stereomix und der 5.1 Mix von Steven Wilson, ausgestattet mit Bonusmaterial, dazu das komplette Berner Konzert von 1978. Wieder ist Wilson beim Remix des Albums nach der Devise, Klarheit und Brillanz dort zu schaffen, wo ein gewisser Grauschleier vorherrschte. Mit viel Feingefühl ist es ihm gelungen die Originalaufnahme von 1977 dennoch in der Klangästhetik ihrer Entstehungszeit zu belassen.

Dazu gibt es neun weitere Tracks, davon sieben bisher noch nie veröffentlichte – durchweg alles andere als Ausschussware. Musikalisch ist Heavy Horses nach Songs From The Wood und vor Stormwatch als das zweite einer Trilogie von drei Folkrcok-Alben ein zuordnen, ist aber in weiten Teilen wieder zupackender, gitarrenlastiger und geradliniger als der Vorgänger. Es riecht immer noch nach Landluft, aber es rockt wieder mehr. Einen Plan für diese Trilogie habe es aber nicht gegeben, wird Anderson im 96seitigen Booklet zitiert. Inspiration für die Stimmung lieferte ihm die Leidenschaft seiner Kindheit, durch die Wälder der Umgebung zu streifen. Teile des von Jakko Jakszyk gemischten Berner Konzerts waren bereits für Bursting Out, das erste Livealbum der Band, verwendet worden. Zu hören ist eine Band, die aus allen Rohren feuert, und die es mühelos versteht, die filigrane Ausdifferenziertheit der Studiovorlagen mit viel Kraft zumzusetzen, ohne dabei alles plattzuwalzen. Die Ernsthaftigkeit der hochkomplexem Musik wird in gewohnter Jethro Tull-Manier durch die optische Umsetzung konterkariert: Unter den vier Viedeoclips auf der zweiten DVD ist der amüsanteste der zum Titelsong. Ein wie immer vollkommen irre blickender Ian Anderson hüpft durch eine Strohballen-Kulisse, in der seine merkwürdig bekleideten Musikanten versuchen, ihn im blöd gucken zu übertrumpfen.

9/10