Die Weltmusik-Vermittler
Klangwelten-Festival, Tollhaus, Karlsruhe, 13.11.2014
Es ist das 28. Klangweltenfestival, erzählt ein gut gelaunter Rüdiger Oppermann dem Publikum, und es werde weitergehen. „Ich habe noch so viele neue Stilistiken entdeckt, die ich euch zeigen will“, kündigt er an. Oppermann bringt in diesem Jahr indische, afrikanische und kreolische Musik zusammen und erschafft einen Abend, dessen Reiz von harten Kontrasten ebenso wie von der Verbindung der musikalischen Welten geprägt ist.
Musik der indischen Sufis, vertreten durch Amjad, Murti und Ali Khan aus Rahjastan eröffnet den Abend. Mit spartanischer Instrumentierung schaffen die drei Musiker eine intensive Atmosphäre, bei der die Dholak Trommel ständig wechselnde Rhythmusgrundierung gibt, im Kontrast zu dem warmen, fließenden Klang des Streichinstruments Sindhi Kemence. Seine Klangvielfalt preist Rüdiger Oppermann und bedauert, dass dass es mehr und mehr durch das Harmonium verdrängt werde. Darüber erhebt sich der expressive Gesang, dessen spirituellen Charakter man auch ohne begleitende Erläuterungen unmittelbar spürt, zumal er mit eindringlichen Gesten unterstrichen wird.
Des Sängerin Diana Rose, Tochter einer Schwarzen aus der Karibik und eines Weißen Kaliforniers, verbindet ihren Gesang mit Elektronik-Elementen und mit sparsam gesetzten Glockenklängen. Sie entführt in Klangräume, bei denen die Stimme mehr Instrument denn Vermittlerin des Songtextes ist. „Song To The Sea“ ist ein transparentes Stück Programmmusik – zwischen fragil und wuchtig pendelnd – bei dem auch die zunächst im Weltmusik-Kontext ungewohnten elektronischen Sounds „vermenschlicht“ werden.
Archaische Instrumente stellt der ugandische Multinstrumentalist Albert Bisaso Ssembeke vor. Instrumente aus der traditionellen Hofmusik der Buganda-Könige in Uganda. Mit der Ennanga Harfe – von Rüdiger Oppermann als „Urmutter unserer Harfe“ vorgestellt, erzählt er die Geschichte zweier Männer, die über eine Ziege so in Streit geraten, dass der eine den anderen tötet. Ssembekes eindringlicher Gesang lässt den dramatischen Verlauf erahnen. Kaum erklärungsbedürftig sind die perkussiven Höhepunkte des Abends: Wen Yatinder Thakur und die Musiker aus Rhajastan sich trommelnd die Bälle zuwerden, wird Musik ein körperliches Erlebnis. Intensität und Wucht trifft auf sorgsam ausgetüftelte Arrangements. Nach ein paar Minuten schleichen sich ins Ohr des konzentrierten Zuhörers imaginierte Melodien zu den Rhythmen ein.
Der Gastgeber tritt solistisch nur einmal in Erscheinung: da führt er – sehr zum Amüsement des Publikums – schelmisch vor, dass man auf einer archaischen Leier eine durchaus Rock’n’Roll-affine Musik spielen kann. Als Mitmusiker im Ensemble gibt er sich zurückhaltend und sorgt dafür, dass nie der Eindruck entsteht, hier werde zusammengezwungen, was nicht zusammenpasst: Mit dem leuchten Klang seiner keltischen Harfe schafft er Rundung und Zusammenhalt. Einmal beweist er sich als „Xylophonknecht“ im Trio mit Ssembeke und Thakur. Ganz im Sinne seiner Idee, als Lernender an der Musik anderer Kulturen zu partizipieren.
Thomas Zimmer