Sehr sympathisches Missgeschick

Mockemalör im Jubez, Karlsruhe, 15.5.2014

„Ihri Musik isch Alemannische Elektroindi“, sagt die alemannische Wikipedia. So ist es – aber nicht nur. Die Definition greift zu kurz, ist zu sehr Schublade. Denn die Band hat sich ihr ganz eigenes Klanguniversum geschaffen Mockemalör sind die Kreuzung einer textlichen Annäherung an Heimat, an die Melancholie des Schwarzwaldes mit dem großstädtischen Elektropopsound. Der in in Berlin beheimateten Band steht die Sängerin Magdalena Ganter vor, eine Exilantin aus Hinterzarten – und sie bestimmt mehr als die Musik die Anmutung diese meist melancholische, meditative, um sich selbst kreisende, gelegentlich aber auch rhythmisch aufbrausende Musik.

Mockemalör bedeute „schönes Missgeschick“, sagt die Band, und es ist was dran: Kontraste, scheinbare Gegensätze, die sich ins Nichts auflösen oder einfach nicht mehr so wichtig sind. Merkwürdig fremd klingt das doch eigentlich vertraute Alemannisch, das sich aber geschmeidig in den musikalischen Kontext aus Naturinstrumenten und nicht allzu überbordender Elektronik einfügt. Live auf der Bühne des Jubez wirkt die Elektronik zurückhaltender als auf der Debüt-CD der Band. Dort, wo das Klangbild streckenweise wie von einem feinen Nebel verhangen war, ist jetzt Klarheit und eine akzentuierter Groove. Da ist es die Stimme der Magdalena Ganter, ihr Tanz, ihr Akkordeon, die die Musik lenken und erden, ihr Luft zum Atmen verschaffen. In „Wona“ wird sie urplötzlich kehlig, soulig, mupft auf, fordert zum Tanze. Immer noch in gedeckten Pastellfarben, aber mit physischer Wucht. In „Mi Ma“ wieder eher verhalten, introspektive. Wie hinter einer Milchglasscheibe, wie in einem sehr nördlichen Film. Schemenhaft erscheint vorm geistigen Ohr de Zuhörers der abwesende Mann. Die Stube wird greifbar, die zurückhaltende Klage der Frau. „Sin Mantel hängt no, wo er ihn z’letscht ufghängt hät, D’Schua sin subber buzzt“.

In „Clownmann“ schließlich löst der letzte Rest Nebel auf: aus fast schon träger Melancholie („S’Lebe isch traurig und schee“) steigt urplötzlich in ein befreiendes, lärmiges Gitarrenriff aus. Immer wieder wechseln die Musiker scheinbar mühelos die Grund-Stimmung: Da ist das beschwörend-nachdenkliche „2011“, da wird an anderer Stelle aber auch die Frage, ob den Humor in die Musik gehört, mit einem Klaren Ja beantwortet.

Das schön schräge „Ich liebt du“ thematisiert die Frage, ob denn Hunde- und Katzenliebhaber ein glücklich liebend‘ Paar sein können. Und als ein Stück in einer lärmenden Gitarren-Kakophonie endet, behauptet Schlagzeuger Martin Bach grinsend, das sei nun eben eine Helene-Fischer-Coverversion gewesen. „Ich bin sehr heimatverbunden“ hat Magdalena Ganter irgendwann in der Mitte des Konzerts gesagt. Dass das nichts mit Heimattümelei zu tun hat, unterstreicht Ihre Ode an den Schwarzwald nachdrücklich.