„Hier können Sie aber nicht parken“

Fotos: Archiv Benny Mokross

Groupies, Champagner, ausschweifende Parties und viel Geld: Das ist das Klischeebild des Profimusikers. Die Realität sieht aber für die meisten freischaffenden Berufsmusiker deutlkich anders aus. Benny Mokross ist einer von ihnen: Der Schlagzeuger und Percussionist spielt vor allem Jazz und Weltmusik, er hat über 3.000 Konzerte gespielt und ist auf rund 60 Tonträgern zu hören. Er berieibt ein Tonstudio und ist Dozent. Zusammen mit dem Transorient-Orchestra sowie der Glen-Buschmann-Jazzakademie erhielt er 2017 den WDR Jazzpreis.

Jetzt hat er ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „… hier können Sie aber nicht parken“. Man ahnt, worum es geht: der Musiker will sein Equipment ausladen, soll es aber einen Kilometer vom nächsten Parkplatz zur Bühne tragen. Die mal zu klein ist oder bei einer Open Air-Verantaltung nicht überdacht. Kaum hat die Band den ersten Ton gespielt, ruft der Gastgeber der Veranstaltung, für die sie gebucht ist: „Das ist viel zu laut, sie dürfen die Gäste nicht erschrecken, schließlich soll das hier kein Konzert sein, sonderm gepflegte Hintergrundmusik.“ Er erlebt Situationen zwischen Tragikomik, Unverschämtheit von Veranstaltern und schlichter Ignoranz gegenüber seiner Arbeit. Da wird eine Jazzband für eine Veranstaltung gebucht, deren Publikum eher betrunkene Punker sehen will. Manchmal spottet das Catering jeder Beschreibung, Mokross nennt es „Nährschleim“. Was er im amüsanten Plauderton beschreibt, erleben Jazz- und Rockmusiker in ähnlicher Form immer wieder. Ich habe mich mit ihm ausführlich über das Buch unterhalten. Hier ist das komplette Interview…..

Dein Buch hat mich zum Teil sehr amüsiert, zum Teil auch bestürzt. Ich habe auch so einige ähnlicher Erlebnisse gehabt. Was war denn die Intention? Das eine sind die eher tragikomische Anekdoten, das interessiert sowohl die Experten als auch die Ahnungslosen, jedenfalls alle, die sich für die Bedingungen interessieren, unter denen Live-Musik gemacht wird. Steckt aber nicht auch mehr dahinter, ein im weitesten Sinn gesellschaftskritischer Ansatz?

(Lacht) Ich hoffe nicht, dass es zu sehr nach Gesellschaftskritik, Sozialroman oder Sozialdrama aussieht. Die Intention war eigentlich: Es gibt so viele Geschichten, dass man die fast schon vergisst, wenn man sie sich nicht gegenseitig backstage immer erzählen würde. Irgendwann hiess es dann: Mensch schreib doch mal auf, da kommt ja immer mehr dazu. In dem Buch sind ja tatsächlich nur eigene erlebte Geschichten und fällt mir immer noch was ein und ich denke: Ah, das hätte auch noch mit ins Buch gekonnt. Es sind so viele absurde Geschichten mittlerweile. Ich habe tatsächlich schon 2012 angefangen, diese Geschichten zu sammeln und zu Papier zu bringen, aber dann waren wieder 1000 andere Dinge wichtiger, als sich darum zu kümmern.

Es geht ja unterschwellig auch darum, wie wenig die Arbeit von freischaffenden Künstler aller Sparten geschätzt wird. Wenn man als Musiker immer wieder gefragt wird: „Was machen Sie eigentlich beruflich.“ Viele der Erlebnisse, die Du schilderst, sind länger her. Ist das Zufall, oder hat sich die Situation gebessert?

Ähnliche Geschichten wird man auch in 20, 30 Jahren noch erleben, denn es ist keine Besserung in Sicht. Es sind eben diese beiden Welten, die da manchmal aufeinandertreffen und es hängt zum Teil mit dem Genre zusammen. Die Jazzclubs sind ja auch teilweise von Ehrenamtlichen geführte Läden, das sind Liebhaber. Und da ist das Ganze drum herum oft ein bisschen hausbacken, ein bisschen unprofessionell. Das sind Interessengemeinschaften von Leuten, die sagen: Komm, wir veranstalten jetzt Konzerte, die aber gar nicht wissen, wie das geht.Das gilt aber beileibe nicht für alle Jazzclubs.

Ich kenne ein Phänomen als Musiker, der ab und zu mal auf privaten Parties gespielt hat: je reicher die Leute, die dich engagieren, desto schlechter ist das Büffet….

… nur das für die Musiker natürlich. Man kann ja nichts verallgemeinern. Es gibt ja auch reiche Leute, die die Musiker mit einbeziehen und da nicht diese Trennung vornehmen, aber es ist bei vielen einfach automatisch so, oder auch aus schlechter Erfahrung. Der Erfahrung, dass Musiker bei guter Behandlung und freien Getränken ohne Ende über die Stränge schlagen habe. Und deshalb haben die Gastgeber diese Ressentiments.

Wie erklärst du dir das Phänomen, dass viele Leute meinen, Kultur sei ein Hobby und kein Beruf?

Ich habe schon verschiedene Erklärungsversuche unternommen. Es mag vielleicht daran liegen, dass viele Leute denken, wenn eine Tätigkeit erfüllend ist und Spaß macht, darf man nicht mehr von Beruf reden. Spaß ist Freizeit, Beruf ist Knechtschaft und Durchhalten. Sobald man Spaß an seinem Beruf hat, ist das ein Hobby. Das scheint so eine Einstellung zu sein. Diesen Leuten ist es unvorstellbar, dass man einen freiwillig gewählten Beruf ausübt, Spaß daran hat und auch noch Geld dafür kriegt.

Manche Leute sagen ja, diese Einstellung zu Hobby und Arbeit sei typisch deutsch….. Klar, ein Vorurteil, nicht empirisch belegt. Ist das in anderen Ländern deiner Erfahrung nach anders?

Das kann man nicht verallgemeinern, das gibt es in anderen Ländern auch, und das ist ja auch nicht überall in Deutschland so. Wenn ich jetzt mal an die Wertschätzung von handgemachter Musik denke, dann muss ich sagen, gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. Mit Ausnahmen natürlich. Da gibt es das Woodrock Festival im Schwarzwald, da kommen die Leute, die sagen: das ist toll, was ihr da macht, die feiern das so richtig ab, seit 30 Jahren. Im Frankfurter Raum gibt es auch eine Gegend, wo man merkt; Das Handwerkliche wird wertgeschätzt. Das ist echt regional unterschiedlich, vielleicht hat es auch mit Traditionen zu tun, etwa im Erzgebirge, wo sowieso Handwerk noch verbreiteter ist, dass die Leute da vielleicht einen anderen Zugang haben – auch zu Kunst, die mit den eigenen Händen geschaffen wird.

Hast Du das Buch während der Corona-Zeit geschrieben?

Nur fertig gemacht. Also nur noch redigiert. Dadurch, dass das jetzt erscheinen ist, sieht das immer so aus wie: Oh, Corona, und der hatte Langeweile, Weil er ja sonst nix zu tun hatte aus lauter Verzweiflung,. Das ist nicht so. Das ist kein Corona-Buch. Ich habe da nur die Zeit genutzt, um das fertig zu machen.

Du sprichst schon im Vorwort den Unterschied zwischen den angestellten Orchestermusikern und den freischaffenden Musikern an. Das klingt zunächst mal nach einer gewissen Herablassung gegen den angestellten Musiker, nach dem Motto: Ihr gehört ja nicht zur unterdrückten Arbeiterklasse – du nimmst es aber wieder halbwegs zurück. Aber nun mal im Ernts: Welche Unterschiede gibt es in der Situation der zwei Typen?

Es geht bei der Finanzierung los. Theaterbetriebe werden subventioniert, das gibt es in der freien Szene nur ganz selten, also etwa Subventionen für einen Club. Jemand, der in einem Theaterorchester spielt, geht jeden Morgen in das selbe Haus rein und sitzt am selben Platz. Er spielt zwar unterschiedliche Arten von Musik, aber das Publikum klatscht auch zwischendurch, das ist eine andere Art, Musik zu machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man so unterschiedliche Dinge erlebt wie ein freischaffender Musiker, die ist dann eher gering.

Macht es einen Unterschied, ob man Jazz- oder Rockmusiker ist? Du kennst ja auch Rockmusiker, und die Grenzen sind ja auch fliessend. Und diese gegenseitige Nichtachtung und herabnlassung, die gibt es ja wohl so auch nicht mehr.

Nein. Früher hiess es ja immer: Die Jazzer, die spielen so ausgecheckt. Und den Rockern wurde nachgesagt, die können ja nix, dafür machen sie aber laut. Ich glaube, was die Situation der Freischaffenden angeht, gibt es da eigentlich kein Unterschiede zwischen den Jazz und Rockleuten. Viel denken über beide: Wer Musiker ist, der ist ein Star und verdient automatisch viel Geld. Aber wenn Du – wie wir beide – Schlagzeuger bist, dann bist du in der Regel nicht der Star, sondern Du bist der Arbeiter im Hintergrund, von dem man in der Regel überhaupt nichts mitkriegt. Nimm mal Sarah Connor, zum Beispiel. So. Kennt jeder, aber frag mal jemand, ob der den Namen des Drummers von Sarah Connor kennt? Weiß keiner, ne? Du bist der unbekannte Working Man im Hintergrund, den keiner mitkriegt.

Einerseits denken die Leute, wer Musik macht, betreibt das als Hobby. Aber es sind wahrscheinlich die gleichen Leute, die meinen, wer Musik macht ist der Star, also verdient er viel Geld. Das ist doch irre, dieser Widerspruch…. Fragt Dich eigentlich mal jemand von den Leuten, die Dich bezahlen sollen, ernsthaft: „Unter welchen Bedingungen arbeiten sie denn eigentlich, Herr Mokross und was kommt denn dabei rum?“

Nee, so tief wird da gar nicht nachgefragt, man nimmt das einfach so hin, nach dem Motto: Irgendwie wird er das schon machen. Aber es ist tatsächlich auch so, dass Musiker, die sogenannte Stars begleiten, nicht nur in den großen Hallen unterwegs sind mit dem ganzen Zeugs drumrum. Die selben Begleitmusiker spielen dann eben auch, wenn sie gerade nicht mit dem Star unterwegs sind, irgendwie mit ’nem Trio für 150 Euro in der Kneipe. Und wenn sie keiner drauf hinweist, weil sie keiner kennt, denken die Leute im Kneipenpublikum dann: Das ist irgend so ein Hobbymusiker, wahrscheinlich. Das ist erstaunlich, wen man da manchmal so trifft, den man aus einem anderen, großen Zusammenhang kennt. Aber die müssen ja alle irgendwie überleben. Für mich ist es so, dass ich das ein Stück weit geniesse. Ich bin kein klassischer Musiker, und ich könnte im Theaterorchester nicht überleben. Alleine schon, jeden Tag zur selben Spielstätte hinzugehen. Ich kenne Kollegen, die haben 1500 Vorstellungen „Starlight Express“ gespielt. Jeden Abend in diesem Kabäuschen und immer dasselbe Stück. Das wird auch manchmal verändert, okay, aber nicht immer zum Guten. Da kommt dann Andrew Lloyd Webber nach 20 Jahren vorbei und streicht einfach die Bläser, und die klagen dann vorm Arbeitsgericht mit der Folge, dass sie weiter bezahlt werden. Sie haben Anwesenheitspflicht, dürfen aber nicht spielen. Die können im Keller sitzen und ein Buch lesen. Das ist pervers.

Wenn Du deine ganze Erfahrung ins Spiel bringst, hast du dann eine Antenne, die auf alle Eventualitäten vorbereitet? Dass man im Vorfeld weiss, was an einem Auftritt besonders obskur oder schräg sein könnte?

Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz gegen solche Sachen, und ehrlich gesagt: ich fände es auch bekloppt, wenn so was nicht gelegentlich, zumindest am Rande, passieren würde. Gut, ich mach’ den Quatsch jetzt seit 40 Jahren und irgendwann hab’ ich mir gesagt: Bestimmte Dinge tue ich mir wirklich nicht mehr an. Was ich am schlimmsten finde, ist dieses Wetter-Ding. Du kommst zu einem Open Air und hast im Vorfeld gesagt: ‚Leute, egal ob die Sonne scheint oder es regnet – ich brauche eine glatte, ebene Bühne, weil mein Instrument auf dem Boden steht. Ich spiele nicht auf der gründen Wiese. Und über der Bühne soll ein Dach sein, es könnte ja regnen.‘ Dann kommst Du da hin, und dann ist da gar nichts oder so ein paar Paletten. Und dann kommt immer dieser Blick auf die Wetter App: nein, heute regnet’s nicht! Heute sage ich: Wenn kein Dach über der Bühne ist, packe ich gar nicht erst aus. Ich habe das einmal konkret angedroht in einem Biergarten….. und dann hiess es: ach, wir hatten so viel zu tun. Da bin ich im Auto sitzen geblieben, und siehe da: Da haben sie aus irgendwelchen Ecken noch irgendwelche Carports hervorgezerrt, dann wurde das zusammengeschustert. Dann war die Bühne gerade fertig, ich hatte gerade meine Sachen aufgebaut, da öffneten sich alle Schleusen und es fing an zu regnen wie aus Eimern. Ich finde, es sind keine Starallüren, wenn man dann einfach konsequent ist und sagt: Das geht nicht, Du kannst eine Sänger auf die Wiese stellen, der eine Arie singt. In dem Moment, wo es regnet, geht der einen Schritt zur Seite unters Dach und das ist okay. Aber nicht mit einer Band mit Strom. Aber viele versuchen es immer wieder, weil sich zu viele Musiker nicht dagegen wehren. Das ging mir früher ja auch so. Aber für solche Kindereien bin ich zu alt. Solche Sachen mögen auch ein Grund sein, warum Klaus Doldinger und Passport mal so Sachen im Vertrag stehe hatten wie: Es müssen konstante 23 Grad auf der Bühne sein, diese ganzen Spezialitäten. Da denkt man erst: Starallüren! Das muss doch nicht sein. Aber das mag auch resultieren aus bestimmten Verhaltensweisen, dass man so kumpelig kommt und sagt, komm mach’ mal hier, und siehste, geht doch. Teilweise auch unter dem Level , wo man es machen sollte.

Du machst ganz unterschiedliche Dinge, und ich gehe davon aus, dass Du immer genug zu tun hat. Aber mal Hand aufs Herz: Wie ist die Auftragslage? Gibt’s noch Bedarf für Live-Musik, oder lassen die Leute, die früher eine Jazz-Combo gebucht haben, eher mal das Spotify- Programm vom Laptop laufen?

Das merke ich nach so viele Jahrzehnten auch. Früher gab es den DJ, der ein paar Platten mitbrachte. Das war damals aber eher die Ausnahme, beziehungsweise die Ergänzung. Am Anfang spielte eine Band was Konzertantes und anschliessend war zum Tanzen der DJ da, oder es gab gleich eine Tanzband. Und heute ist es tatsächlich so: Der DJ ist der Hauptact. Guck dir die Medien an: Ein Star ist jemand, der singt. Zack, so. Und was hat der? Wird der von Musikern begleitet? Nein. Der ist entweder alleine oder hat Tänzer um sich rum. Das ist das Bild, das Kids heute mitkriegen, die sehen niemand mit einem Instrument – die sehen Tänzer.

Die Casting-Shows beziehen sich ja mit wenigen Ausnahmen auch immer nur auf Gesang.

Genau, und das verändert das Bewusstsein. Wo kommt die überhaupt her, die Musik? Das muss ja auch irgendjemand mal zusammengeschustert haben, sei es ein DJ oder ursprünglich ein Musiker. Das ist dramatisch, diese Wahrnehmung. Nix gegen Tänzer, aber die Musiker existieren in dieser Wahrnehmung eigentlich gar nicht mehr. Weil alles nur noch aus der Konserve kommt. Das hat angefangen mit Einführung der Sample-Technik, als man sich an Fragmenten bedient hat, die eben schon bewährt waren. Aber das ist noch ein ganz eigenes Kapitel. Selbst im großen Kino wird nur noch mit Versatzstücken von früher gearbeitet. Dass irgendwelche Madonnas ein Abba-Sample benutzen, weil das halt schon mal funktioniert hat….. da ist keiner mehr, der sich was Neues ausdenkt.

Würdest Du noch genug Arbeit kriegen, wenn es wieder Konzerte gibt?

Ich denke ja. Weil ich das Glück habe, dass ich vielseitig interessiert bin. Andere Kollegen, die auch studierte Jazzdrummer sind, haben sich spezialisiert auf Hardbop zwischen 1959 und 1963. Das ist logisch, dass du damit den Kalender nicht vollkriegst. Das klingt jetzt aber ein bisschen so, als würde ich aus Not andere Dinge tun, als die die mich wirklich interessieren. Das ist aber keine Not. Also ich wäre zum Beispiel kein Drummer für die Stones. Das wäre mir einfach zu langweilig. Nee, wirklich. Wenn Du 100.000 Leute vor dir hast, ist das einmal schön, ist das zweimal schön, aber dann weisst du es auch. Dann stehst Du aber jeden Abend mit den gleichen Leuten auf der Bühne und spielst die selben Stücke. Irgendwann reicht es auch. Schau mal, Bill Wyman hat ja dann auch wieder in Kneipen gespielt mit seiner Bluesband.

Ian Paice hat mir auch mal sowas erzählt für die Zeit nach Deep Purple: „Dann spiele ich mit 90 eben im Pub um die Ecke mit einer Jazzband, kein Problem.“

Jaa! Du, das ist es. Es gibt tatsächlich Leute, die arbeiten sich so ein bisschen hoch in der Szene, und die spielen irgendwann mit ’nem bekannte Act oder mit einem Act, der möglicherweise bald durchstartet. Und die sind dann so fixiert auf dieses: Jetzt den nächsten Schritt und dann das große Kino und dann immer da oben, immer Champagner. Es gibt ja Amateurband, die von Anfang an soviel Energie drauf verwenden, auf Outfit und Bühnenshow, und die dann immer nach dem Motto arbeiten: Da kommt der Talentscout oder der wichtige Mann von der Major Company zur Show. Immer nur dieses nach oben gucken, und wenn das nach zehn Jahren immer noch nix geworden ist, was ja bei den meisten so ist, dann merken die plötzlich: Oops, ich habe ja gar keinen Spaß am Musikmachen an sich, sondern ich hätte Spaß gehabt, entdeckt zu werden und im großen Kino mitzumischen. Und das ist dann so eine ernüchternde Erkenntnis. Insofern ist es ganz wichtig, grundsätzlich erstmal Spaß dran zu haben, ein Instrument zu spielen!

Ja, die Ehrgeizlinge habe ich kennen gelernt, in den 70er und 80er Jahren. Die mussten mit dem Schuhlöffel in ihre Lederhosen gelupft werden und haben Songs gesungen wie „Hot Nights In Tokyo“, und das mit Pudelfrisur. Viele von denen haben dann irgendwann aufgehört, Musik zu machen. Ich hatte nie die Absicht, professionell Musik zu machen, und mein Prinzip ist immer: Wenn ich vor der Bühne doppelt so viele Leute habe wie auf der Bühne – ab da wird’s gut.

Ja!

Ich weiss nicht, ob Du Kinder hast. Aber falls ja: Würdest Du ihnen empfehlen, das Gleiche zu tun wie der Vater?,

Also da hat meine Erziehung versagt. Ich bin inzwischen schon seit 11 Jahren Großvater und meine große Tochter ist Juristin, die hat in New York gearbeitet, das ist nochmal ’ne ganz andere Welt. Die hat mit 30 schon zehnmal soviel Geld verdient, wie der Papa mit 50. Und die kleine ist Krankenschwester geworden. Als Kinder haben die den ganzen Zirkus bei mir auch backstage mitgekriegt. Das war alles ganz nett, aber mehr ist da nicht draus geworden. Wie das oft so ist: Die Kinder wollen alles mögliche machen, nur nicht das, was die Eltern machen. Ob ich das jemandem raten würde, heutzutage? Als ich die Entscheidung getroffen habe, das beruflich zu machen, da war ich 19 oder 20. Das war eine ganz andere Zeit. Inzwischen gibt es so viel akademische oder Hochschul-Musikausbildungen, da kommen immer mehr Leute auf den Plan, die was von Kuchen abhaben wollen. Das wird dadurch nicht leichter. Direkt raten kann ich das niemandem. Ich kann aber auf die Konsequenzen hinweisen, die sich aus einer solchen Berufsentscheidung ergeben. Das ist alles eine Überlegung wert, wenn man sein leben plant als junger Musiker….

Gibt es noch eine Story, die eigentlich ins Buch gehört hätte, die Du aber aussen vor gelassen hast?

Ja, gerade fällt mir ein, dass wir mal mit dem Trio bei einem recht gut betuchten Menschen im Ruhrgebiet auf einer Hochzeit gespielt haben und der hatte so einen schönen großen Bungalow mit Garten und einem Pool. Die Hochzeit war im Sommer, die Band hat neben dem Pool gespielt und die Braut war hübsch und alles war toll. Tja, zwei Jahre später rief der wieder an, ob wir auf seiner Hochzeit spielen wollten. Da war der inzwischen geschieden und hat gesagt: Dann machen wir das jetzt alles genauso wieder, nur mit einer anderen Frau. Bei dem hab’ ich inzwischen dreimal auf einer Hochzeit gespielt. Das scheint so eine Art Geschäftsmodell zu sein. Jedenfalls ist das ein komisches Gefühl. Du sitzt da zum dritten Mal an der selben Stelle am Pool, du kennst inzwischen auch die Gäste, und die Ex-Frauen laufen dann auch noch da rum…..

Gibt es eigentlich schon Reaktionen auf das Buch?

Ja, mittlerweile zieht das schon ein bisschen Kreise. Ich krieg das ja auch so ein bisschen über Facebook mit, wo ich das ja beworben habe, nachdem das angelaufen war. Dann kamen die Kommentare, teilweise posten die Leute ihre eigenen Geschichten.