„Ich bin Ihr Botschafter“
Def Leppard-Sänger Joe Elliott über Mott The Hoople und Ian Hunter
Fotos: Copyright Madfish
Mott The Hoople heißen Silence, bis sie ihr späterer Produzent Guy Stevens unter seine Fittiche nahm. Er wollte ein Band kreieren, die wie ein Mischung zwischen Dylan und den Rolling Stones klingen sollte. In Ian Hunter finden Band und Produzent den geeigneten Frontmann, eine chaotische Karriere folgt, die 1972 den Höhepunkt mit ›All The Young Dudes‹ erreicht, von David Bowie komponiert und produziert. Nach dem Ende von Mott The Hoople macht Ian Hunter solo weiter, bis heute. Einer hat diese Karrieren seit Kindesbeinen mit Leidenschaft verfolgt: Def Leppard Sänger Joe Elliot rührt schon seit Schultagen die Werbetrommel für Hunter & Co. Nur konsequent, das der Junge aus Sheffield 2009 beim letzten der Mott The Hoople Reunion Konzerte, das Vorprogramm bestreiten durfte. Nein, musste.
Das fing vor 40 Jahren an, da war ich elf. Ich ich hörte ziemlich oft Radio Luxemburg, denn praktisch nur dort konntest du etwas hören, was jenseits der Top 40 war. Ihre Playlist war gewagter als die der BBC. Sie spielten auch Sachen, die etwa heavier waren, und da gehörte eben auch Mott The Hoople dazu. Die erste Nummer, die ich von ihnen je gehört habe war ein Song namens ›Downtown‹, eine Coverversion von einem Danny Whitten Song. Und dann ›The Original Mixed Up Kid‹ vom Album Wildlife. Ich fuhr einfach auf den Text ab, die Idee, die hinter dem Song steckte gefiel mir. es war auf jeden Fall ein Rock-Song, es hatte aber auch was von Country, oder von einem Bob Dylan Song. Und ich konnte auch als Elfjähriger etwas damit anfangen. Währenddessen redeten alle über Zeppelin und Sabbath, ich kannte die zu der Zeit garnicht. Ich denke, es war diese Underdog Sache, die mich magisch anzog. Ich habe immer schon das Team unterstützt, das keiner sonst anfeuert. Das muss eine seltsamer Fehler in meiner DNS sein.
Ich konnte mir eigentlich keine LPs leisten damals. Ich kaufte mir ab und zu Singles, aber die meisten kamen auch aus dem Second Hand-Laden – ich hatte 50 Pence die Woche als Taschengeld zur Verfügung, das gab ich für Sampler von Island Records aus. Da waren so großartige Leute drauf wie Free, Jethro Tull, King Crimson und eben Mott the Hoople, und auf dreien dieser Sampler waren Mott The Hoople Songs. Ich hatte eben immer diese paar Songs im Kopf, aber als sie dann mit ›All The Young Dudes‹ den Durchbruch hatten, war ich der, der allen anderen in der Schule erzählt hat: ich hab’s euch ja gesagt. Ich habe sie immer als Singles-Band wahrgenommen, die Alben habe ich erst wirklich kennengelernt, als sie sich schon aufgelöst hatten.
Ich hatte ja kein Geld, um Alben zu kaufen, und ich weiss auch nicht, ob ich eines von ihnen gekauft hätte. Wahrscheinlich hätte ich mich für was Bekannteres entschieden. Das erste Album, das ich tatsächlich gekauft habe, war Rod Stewarts Every Picture Tells A Story. Mein erstes wirklicher Held war Marc Bolan und das Album Electric Warrior. Dann kam 1972 David Bowie, als ich als ich ›Starman‹ und ›Ziggy Stardust‹ hörte, war ich platt. Plötzlich gab es eine Trilogie von Künstlern, die mir gehörte, aber auf die auch alle anderen abfuhren. Plötzlich explodierte all das, was man später als Glam Rock bezeichnen würde.
1975 , als ich ins College ging, kriegte ich wieder Kontakt zu einem Typen, den ich in der Schule gekannt hatte. Als ich in der Schlange in der Mensa stand war da dieser Typ, und ich hörte ihn singen ›Drivin‘ Sister Rock‘ n‘ Roll‹. Und kurze Zeit später sass ich bei ihm und habe den gesamten Backkatalog kennengelernt, alles was ich bis dahin noch nicht hatte. Wir hörten praktisch sechs Monate Nonstop Mott. Ein Luxus, ich bin da richtig rein versunken, es war wie wenn man in Urlaub geht. Mott the Hoople sind eine Kombination von Bob Dylan und den Rolling Stones. Sie haben Blues, aber auch diese stolzen elektrischen Sachen wie ›Walking with a Mountain‹ und ›Rock‘ n‘ Roll Queen‹ oder eben auch die freundlichere Seite. Sie können es alles zusammenbringen, und Ian Hunters Stimme ist die treibende Kraft hinter dem ganzen, er ist ein viel besserer Sänger, als manche Leute glauben. Gut, er gehört schon zu dieser „Nicht-Sänger-Gewerkschaft“, aber er ist ein fantastischer Songschreiber, und das trägt diese Stücke. Als sie dann von Bowie produziert wurden, fing Ian zudem an, etwas theatralischer zu werden, was meinem Geschmack sehr entgegenkam. Und Songs wie ›Marionette‹, ›Violence‹ und ›Whizz Kid‹ erweiterten die Grenzen so weit, wie es sich zu der Zeit sonst keiner traute. Ian Hunter war ein Visionär. Ich habe in den vergangen 30 Jahre die meisten Musiker der Band kennen gelernt. Ich kenne Ian Hunter extrem gut, er war bei meiner Hochzeit, wir haben viel zusammen gemacht, wir haben uns zusammen betrunken und Pete (Overend Watts) und Buff (Dale Griffin) haben Def Leppard in Wembley 1988 angeschaut. 1983 habe ich Peter Overend Watts auf einer Party in London getroffen, wir hatten gerade 6 Millionen Alben in Amerika verkauft. Er wusste das, und er fühlet sich geschmeichelt, dass jemand so Bekanntes wie ich wusste, wer er ist. Was mich wiederum verwunderte: Wie konnte er nur denken, keiner wüsste, wer er ist?
Sie wussten also, dass ich ihr Botschafter war, dass ich jedem erzählte, sie wären die beste Band der Welt. Sie wollten sich bedanken, als die mich 2009 zu dem Reunion-Konzert einluden. Ich glaubte zunächst, sie wollten einfach, dass ich auf die Bühne springe und sie ansage, aber sie meinten, sie hätten schon gerne was Handfesteres: Ich sollte für sie eröffnen in der letzten Nacht.