Der Botschafter der keltischen Harfe
Rüdiger Oppermann über Weltmusik und „The Brendan Voyage“
„Immer wenn’s harmonisch werden soll, ist die Harfe dran: Entspannung, New Age, blonde Frau mit langen Haaren spielt harmonische Musik.“ Gegen dieses Klischeebild der Harfe musiziert Rüdiger Oppermann an, seit er 1973, inspiriert durch den Bretonen Alan Stivell, die keltische Harfe zum Dreh- und Angelpunkt seines musikalischen Universums machte. Oppermann begann zu reisen, studierte die Harfe im aussereuropäischen Kultur-Umfeld: „Es gibt eine brüderliche Verbundenheit – etwa in Zentralafrika oder in Zentralasien: Mongolei, Afghanistan, Tadschikistan. Da hatte ich schon als Jugendlicher eine typisch deutsche romantische Sehnsucht, eigentlich nach dem Indianer-Image des wild und frei lebende Nomaden“.
Seine Projekte versteht er als Dialog der Kulturen auf Augenhöhe. „Ich gehe dort hin als sympathisierender Musiker, der lernt, der mit den einheimischen Musikern spielt. Nehmen wir die Gamelan-Musik, diese Gong Musik aus Indonesien, da kann ich in eine Gruppe reinsetzen und mitspielen, und werde wie ein Bruder behandelt. Als Produzent biete ich den Leuten in Deutschland einen ehrlichen Job und bezahle sie für ihre musikalische Leistung.“
Das Klangwelten-Festival, Deutschlands größtes Weltmusik-Tourneeprojekt, bei dem er sich seit 28 Jahren als „musikalischer Karawanenführer betätigt, ist sein Baby und zeigt Weltmusik im Opperamannschen Sinne. Die er anders definiert, „als westliche Popmusik, die mit ein paar afrikanischen oder sonstigen Gewürzen angereichert wird“.
Der 60jährige versteht den Kulturdialog auch als praktische Friedensarbeit. „Ich bringe ehemalige Feinde zusammen und lasse sie zusammen spielen.“ 2009 etwa machten zwei laotische Mundorgel-Spieler beim Klangwelten-Festival eine ganz neue Erfahrung: „Die haben gemerkt, ihr Instrument passt gut mit amerikanischen Instrumenten, aber sie hatten nie zuvor die Chance gehabt, das zu erleben.“
Für die Vorbereitung des Projekts „Reise in die Anderwelt – The Brendan Voyage“ hat Rüdiger Oppermann wieder Neuland betreten: Dieses Mal macht er sich nicht in geographisch entfernte Länder auf, sondern begibt sich auf eine Art Zeitreise. Die Zeit, in der sich die frühchristliche Kultur etablierte, gleichzeitig aber noch die keltische Kultur weiter existierte, fasziniert ihn. Mit einem großen Ensemble geht er auf Spurensuche. Die Auftragskomposition des Wormser Festivals Wunderhören bringt Folk-, Jazz-, Ethno- und Klassik-Musiker auf eine Bühne. Die den sagenhaften Saint Brendan begleiten, der von Irland mit einen Lederboot nach Westen in die Anderwelt fuhr, und dort unglaubliche Erlebnisse hatte.
„Wenn man das liest, denkt man, der war auf dem Trip“, schmunzelt Oppermann. „War er auch, der war auf dem religiösen Trip, zu wenig Essen und zuviele Pilze – vielleicht. Die Bilder, die er beschreibt, sind total anderweltlich.“ Um diese Anderwelt klanglich abzubilden, integriert der Harfenist eine wilde Mischung aus keltische Bronzehörnern, archaischen Luren, Perussion, Irish Folk, einen Bigband-Bläsersatz, ätherischen Glasklänge und einen gälisch-irischen Sänger in sein Werk.
Für seine „Verdienste um den Dialog der Kulturen“ wurde ihm vor kurzem das Bundesverdienstkreuz zugesprochen. „Ich freue mich darüber, und ich finde, ich habe es auch verdient. Vor 30 Jahren wäre das unvorstellbar gewesen. Unter Filbinger hätte ich kein Bundesverdienstkreuz gekriegt. Ein Freund meinte: Da sieht man, dass wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Da hab ich ihm geantwortet: Nee, die Gesellschaft ist da angekommen, wo wir eigentlich die ganze Zeit schon waren.“