Ein Kessel Blödes
Bastian Pastewka las aus „Midlife Cowboy“von Chris Geletneky., Tollhaus, Karlsruhe, 10.11.2016
„Dein Hormonhaushalt sagt Dir: Hey, du bistein 20-jähriger Superstecher, der sie alle ha-ben kann. Aber dein Spiegelbild antwortet: Du bist ein aufgedunsener Spießer mit Bierranzen und Geheimratsecken“. So steht es im Klappentext und auch drin im Buch „MidlifeCowboy“ von Chris Geletneky. Da stehen noch ein ganze Menge solcher Sätze drin. Man hätte also gewarnt sein können, man hat aber alle Warnungen in den Wind geschlagen.
Also muss man sie aussitzen, diese Geschichte, die für den Kenner schlichten Humors eigentlich schon mit diesem einzigen Satz erzählt ist. Im Tollhaus hat Bastian Pastewka am Donnerstagabend die Aufgabe übernommen, das Buch seines Kumpels, der als Headwriter schon für die Serien „Ladykracher“ und „Pastewka“ schrieb, ans Volk zu bringen. Das macht er mit präziser Betonung, dafür gibt er jeder Figur eine eigene Stimme und wo nötig auch einen eigenen Dialekt, lässt zwischendrin Geräusche ertönen, die die Lesung quasi inden Show-Status erheben, und hat offenbar viel Spaß dabei, die Selbstvernichtung des Helden Tillmann Klein zu zelebrieren. Der nämlich kommt mit 39 verfrüht in die Midlife Crisis und tut, was Männer in solchen Büchern eben so tun: Er rutscht in amouröse Affären und redet sich selbst ständig um Kopfund Kragen. Das sonstige Personal besteht durchweg aus Knallchargen mit erwartbarem beruflichen Hintergrund wie dem Schönheitschirurgen Gereon, wie dem schmierigen Kollegen, der sich über Schwule lustig macht und der selbst wiederum Herpes genannt wird, weil er Herkes mit Nachnamen heisst. Und da ist des Protagonisten eifersüchtige Ehefrau Sonja, dienatürlich ganz in der Nähe ist, wenn Tillmann SMS-Botschaften seiner neuen Assistentinempfängt. Diese Larissa, die uns als Dame mit der Physiognomie eines Porno-Models vorgestellt wird, sagt beim ersten Rendezvous Sätze wie „ich bin nicht lesbisch, sonst wäre ich ja nicht hier“. Pastewka gibt ihr auch gleich noch einen leichten S-Fehler mit auf den Weg,damit auch der Letzte merkt: Aha, die ist doof. Pastewka, der sich mit geradezu hochleistungssportlichem Engagement ins Abfeiern dieses Textes stürzt, verschwendet sein komödiantisches Talent an ein aufgeblasenes Nichts, das vor Klischees nur so strotzt. Ja, Hannover ist eine langweilige Stadt. Wir wissen es. Ja, Matteo und Anselm sind Namen von Kindern, deren Mutter zwangsläufig Öko ist sind und eine komische Brille in Wölkchenform trägt. Dann sind da noch diese völlig deplatzierten Vergleiche, über die der Text ständig stolpert: Etwa wenn der Ich-Erzähler befindet, seine Gattin traurig zu machen, sei „wie ein Einhorn zu erschießen“. Das wirklich Lustige an diesem vom Publikum durchweg mit rasender Begeisterung aufgenommenen Abend sind die „Aufwämnummern“ zu Beginn und nach der Pause. Da tut Pastewka das, was er mit am besten kann: Das reale Fernsehen durch den Kakao ziehen, indem er es einfach nachspielt. Den Schnulzensänger Semino Rossi gibt er mit wenigen Gesten der Lächerlichkeit preis, und seine Nacherzählung eines Florian-Silbereisen-Films würde man gerne auf die Originallänge des Films ausgedehnt hören.