Abgeklärt und leidenschaftlich
Poseidon auf der Cafébühne, DAS FEST, Karlsruhe, Günther Klotz-Anlage, 23.7.2014
Wenn ältere Bands sich reformieren, um vergangene Heldentaten zu reproduzieren, kann das der Ebbe im Geldbeutel geschuldet und nicht immer ein Gewinn für den Zuhörer sein. Zumindest bei Profis. Anders verhält es sich bei Musikern, die nie wirklich im Profisektor operierten und nun – jenseits der 60 – ihre Jugend noch einmal musikalisch zelebrieren. Da steckt im Regelfall pure Liebe zur Musik dahinter. Und die Frage: Können wir den emotionalen Gehalt dessen, was wir als Mittzwanziger gemacht haben, nochmal glaubwürdig transportieren? Poseidon, Karlsruher Rocklegende der 70er Jahre, haben es am Mittwochabend auf der Cafébühne des „Vorfestes“ bewiesen – und dabei sowohl ihren Vorbildern als auch ihrem eigene Oeuvre angemessen Tribut gezollt.
Los geht es mit „Hideaway“, einem Song von John Mayall. Ein gut gewählter Einstieg, kann die Band doch hier schon mal instrumental aus allen Rohren feuern und in wenigen Minuten klarstellen, welcher Epoche Kind sie sind. Klar, es sind die späten 60er und frühen 70er, die aufs wunderbarste instrumentale Drahtseilakte mit einer angenehm hippiesken Verschluderung vereinen. Hier geht es nicht um Perfektion, sondern um Emotion, allerdings durchaus auf hohem handwerklichen Niveau. Da ist die eng verzahnte Rhythmussection mit Rudi Metzler am Schlagzeug und Horst Meinzer an Bass und Gesang. Die beiden klingen, als hätten sie all die Jahre weiter zusammengespielt – und Meinzer ist der Prototyp eines echten Herzenssängers: Nicht immer punktgenau auf dem Ton, aber umso leidenschaftlicher. Obendrauf setzt Theo Metzler seine scharfkantigen Gitarrensoli und Tony Mahl schafft die Balance zwischen der für diese Musik so unentbehrlichen „Grundorgel“ und gelegentliche Ausflügen in archaische Synthesizer-Eskapaden. Schön wäre allerdings, wenn ihm jemand für die nächsten Auftritte ein echte Hammond B 3 auf die Bühne stellen würde.
Frei nach dem Motto „And now for something completely different“ schaffen sie als Band den Spagat zwischen relativ geradlinig interpretierten Cream-Klassikern wie „White Room“ oder „Crossroads“ und ihrem eigenen Material aus der 1975 erschienen LP „Found My Way“ mühelos. Auch deshalb, weil die eigenen Songs in den heutigen Versionen deutlich kraftvoller klingen als auf der fast 40 Jahre alten Produktion. Ein vertracktes Stück wie den Titelsong mit allen seine Rhythmuswechseln, solistischen Ausflügen, Double-Bassdrumattacken und Dynamik-Verschiebungen heute mit einem glücklichen Lächeln auf eine Bühne zu bringen – das bedarf echter Überzeugungstäter.
Genau wie der Stimmungswechsel, den Horst Meinzer ganz allein mit der Gitarre und Traffics „John Barleycorn Must Die“ herbeizaubert. Wenn man dann noch den grandiosen Song „Art Of Livin“ der hierulande kaum bekannten Boomers in einer so überzeugend pulsierenden Version aufführt, hat man auch noch etwas für die musikalische Späterziehung seines begeisterten Publikums getan. Spannend wäre zu hören, wie es klänge, würde die vier sich zu neuen Eigenkompositionen aufraffen.