Ekstase als Lebensgefühl
Power! Percussion in der Schlossgartenhalle, Ettlingen, 11.7.2015
„Slave To The Rhythm“ läuft als letztes Stück über die Saalanlage in der Schlossgartenhalle, bevor das Licht ausgeht. Der Songtitel könnte das ungeschriebene Gesetz des Abends sein: Die fünf Perkussionisten, Schlagzeuger und Allround-Rhythmiker sind in der Tat Sklaven des Rhythmus. Oder ist es umgekehrt? Sie machen sich die Rhythmen untertan, die sich ebenso auf professionellem Schlagwerk wie auch auf Alltagsgegenstände wie Eimer oder Haushaltsleitern erzeugen lassen und formen daraus Musik von erstaunlicher Vielfalt, Tiefe und Dynamik, von extrem laut bis kaum hörbar.
Das Bühnenbild wirkt auf den ersten Blick wie der Maschinenraum irgendeiner futuristischen Maschine, sei es nun Flugzeug oder Schiff. Aber der Rhythmus schleicht sich zunächst langsam an: Mit Klanghölzern, Regenmacher und Rasseln nehmen die Musiker Geräusche aus der Natur auf und verwandeln sie in einen langsam dichter werdenden Rhythmus, bis die vier großen, fassförmigen Trommeln den Klang dominieren. Anschließend beginnt die erste Lektion der Reihe: „Wir schlagen auf alles ein, was wir zu Hause finden“: Das staunenden Publikum sie den Klang von vier Klappleitern in einem sorgfältig choreografierten Trommelfeuer mit akrobatischen Einlagen. Hier geht es nicht nur um Trommeln, sondern auch um Körperbeherrschung. Dazu gehört auch, mit vier Plastikeimern nicht nur Musik zu machen, sondern auch mit ihnen zu jonglieren, ohne dass der Fluss des perkussiven Trommelfeuers stockt – und das alles mit stoischem Gesichtsausdruck. Das Publikum ist schon nach wenigen Minuten so begeistert, dass es jederzeit zu interaktiven Späßchen bereit ist. Die werden denn auch frei Haus geliefert: Oh wie wunderschön lassen sich doch bekannte Melodien mit Plastikröhren trommeln. Die Musikanten müssen nur einige wenige Töne andeuten, und schon singt die ganze Schlossgartenhalle inbrünstig „When The Saints Go Marching In“ oder „In München steht ein Hofbräuhaus“. Der absolute kulturelle Höhepunkt aber ist erreicht, wenn der ganze Saal nach dem Plastikröhren-Intro die ersten Takte von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ intoniert. Genau das hatten die Power-Perkussionisten genau vor einem Jahr an gleicher Stelle schon einmal geschafft. Im zweiten Konzertteil wenden sich die Musiker dann den eher differenzierten Möglichkeiten ihrer Instrumente zu: Da gibt es eine längere, ruhige Strecke, die die Möglichkeiten des Konzert-Xylophons auslotet, bevor sich nach und nach die ganze Truppe wieder zu einem langsam anschwellenden Crescendo versammelt, das zunehmend nach Schlachtgetöse klingt und schließlich in einer wüsten Lärmorgie endet. Bei der Zugabe dürfen die Zuschauer dann ihrer aufgestauten Energie freien Lauf lassen und unter Anleitung nach- und mitmachen.