Das Tier und seine gelehrigen Schüler

Ian Paice & Purpendicular in der Festhalle Karlsruhe-Durlach, 28.3.2016

Hat der Mann denn nicht genug zu tun? Seit 48 Jahren trommelt Ian Paice für die immer noch hyperaktiven Deep Purple und jettet um die Welt, um in Workshops sein profundes Wissen in Sachen Schlagzeug weiterzugeben und lässt sich von seiner Gattin Jackie für deren Wohrtätigkeitsevent „Sunflower Jam“ auf die Bühne treiben. Zu wenig offenbar für den fast 68-Jährigen. Bei der laufenden Tour der Deep-Purple Tribute-Band Purpendicular sitzt er am Schlagzeug und hat Spaß dabei – wie am Sonntagabend in der Durlacher Festhalle deutlich zu sehen war.

„Ted the Mechanic“ vom namensgebenden Deep Purple Album „Purpendicular“ eröffnet den Set. Neben Paices höllischem Groove fällt sofort Gitarrist Frank Pané ins Ohr. Der einerseits die Finesse der Anschlagstechnik eines Steve Morse draufhat, aber einen ganz eigenen, warmen Ton einbringt. Schon in diese ersten Minuten baut er zusammen mit dem irischen Sänger Robby Thomas Walsh eine dieser typischen Unisono-Gitarre-Gesangs-Schweinereien ein, die Ian Gillan und Ritchie Blackmore in besseren Zeiten pflegten, als sie noch nicht auf der Bühne Krieg spielten.

Das Publikum hat verstanden: Die können es genauso gut wie die Originale. Die Lage entspannt sich, als Tribute-Band kann man auch Repertoiremässig mal was riskieren: Selten gespieltes wie „Demons’s Eyse“ „No, No, No“ (zumindest ein Teil davon) wird aufgeführt. Bei „Fireball“ macht Paice seine Ausnahmeklasse klar: Energisches, ultraschnelles Hardrock-Drumming verbindet sich mit seinem ganz speziellen Swing. Da ist er seinen Mitmusikern doch ein Stück voraus. Deep Purple, die lauteste Jazzband der Welt, hätte das noch einen Tick cooler, abgeklärter hingekriegt. Dafür gibt es „Child in Time“, das die Originalband schon in den späten 90er Jahren aus dem Programm genommen hat, weil Ian Gillan in den Kreischtonlagen schwächelt. Robby Thomas Walsh kann es, und Frank Pané grätscht mit einem sorgfältig durchdachten Gitarrensolo von rechts ein. Voll kontrollierter Wut, technischer Brillanz und mit genau der richtigen Balance zwischen Kakophonie und strahlender Schönheit, in den furiosesten Momenten näher am schwedischen Gitarren-Papagani Yngwie Malmsteen denn an Blackmore. Keyboarder Corrado Solarino verrichtet dazu brav und unauffällig seine Arbeit. Was auch daran liegen mag, das er mangels Leslie-Cabinet nicht den vollfetten Hammond-Klang eines Jon Lord zu bieten hat. 

„Mistreated“, im Original von David Coverdale gesungen, scheint Walsh, der eine etwas blues-affinere Stimme hat als Gillan, noch ein Stück näher zu sein. Genüsslich und mit und angerautem Verzweiflungsröcheln lotet er das gesamte Weiberelend aufs ächzendste aus. Das letzte Drittel wird mit den Klassikern „Black Night“, „Speed King“ (Schlagzeugsolo inklusive), „Space Truckin“ und „Smoke On The Water“ bestritten. Exzessiv verspielt und immer noch so, als sei diese Musik gerade erfunden worden. Warum er das tut? Die Frage beantwortet Paice vor der Zugabe. Weil er gerne mit talentierten Musikern spielt, und weil er gerade arbeitslos ist. Erst im Mai könne er wieder in Japan auf die Bühne, und schließlich: Diese Jungs seien ihm eine große Hilfe, die Songs nicht zu vergessen, die er dann wieder in den großen Hallen spielen darf.