Live At Moondance Jam
Frontiers Records / VÖ: 29.11.2013
Ach, sänge Kevin Cronin diesen schönsten Satz Poesie, den er je geschrieben hat: „He drives women wild then he drives off in a Mercedes Benz“ doch nicht so zurückhaltend! Der nämlich steckt in ›Don’t Let Him Go‹, dem Auftakt dieses Live-Albums der Veteranen aus Springfield/Illinois. Das klingt noch, als müsse sich die Band erst warmspielen, und durch die wohlfeilen Publikumsfavoriten durch. ›Keep On Loving You‹ und ›Can’t Fight This Feeling‹ kommen zwar etwas aufgerauhter, verdreckter als in den Studiofassungen, wirken aber in diesem Kontext nur wie Aufwärmübungen zum wirklich starken Stoff der Band, bevor sie mit Schmusehits Abermillionen Alben verkauften.
Mit ›Keep Pushin‹ biegen sie in die Zielgerade ein. Merkt auf, hier in der Provinz von Minnesota fliegt gleich die Kuh. Und da ist schon das ausufernde, acht Minuten lange, von wunderbarer Wendungen, Brüchen, Hammondkaskaden und wahwahgetränkter Gitarrenmasturbation zerpflügte ›Golden Country‹. Ein Jahrhundertsong aus frühester Frühzeit, genauso zeitlos wie das siebenminütige ›Like You Do‹, das schon der elektrisierende, erotisierende Opener ihrer Siebziger-Jahre-Konzerte war. Man kann der Band vorwerfen, ihre eigene Coverband zu sein, man mag über Gitarrist Dave Amato geteilter Meinung sein: der Mann darf ja vermutlich nur extrem selten einen Song live spielen, an dessen Entstehung er beteiligt war und hat wohl die Vorgabe, den Richrath-Sound bis hin zur Wah-Wah-Einstellung aufs werkgetreueste zu kopieren. Aber er tut es offenbar mit Freude und Begeisterung. Und bei der genauen Reproduktion bestimmter Parts ist die Freude des „Sich wieder genauso-fühlens wie damals“ für den Zuhörer essenziell. Oder möchte irgendjemand, dass Neal Doughty an seinem so simplen wie effektvollen Orgelsolo in ›Roll With The Changes‹ auch nur einen einzigen Ton ändert? Nein, eben. Das hier ist reine Nostalgie, klar. Aber mit Niveau.
8/10