Stimmgewaltig und saukomisch
Die Schöne Mannheims mit ihrer Jubiläumsshow in der Schlossgartenhalle Ettlingen, 26.2.2022
„Hunderttausende gefahrene Kilometer auf deutschen Autobahnen, Hunderte Hotelbetten, 798 zerfetzte Nylonstrümpfe. Aber auch Lebensfreude, Musik, Gesang, Mobbing und Tinnitus. Das ist die kurze Bilanz, die die Sängerinnen Anna Krämer, Smaida Platais und Susanne Back und ihre Pianistin Stefanie Titus gleich zu Beginn der 10 Jahre-Jubiläumsshow der Schöne Mannheims ziehen. „Das wird ja immer schöner“ ist der Abend betitelt, und man möchte hinzufügen: immer komischer.
Wer sie nicht kennt, merkt schon in den ersten Minuten an diesem ausverkauften Abend in der Ettlinger Schlossgartenhalle: Das Quartett nimmt nichts ernst, nicht einmal sich selbst. Allenfalls die Musik, denn diese vollendeten Stimmen können alles von dreckigem Blues bis zu schwindelerregenden Opernarien, von Musicalharmonie bis zu Schlagerseligkeit.
Zudem verbinden sie diese Talente mit hochkomischen kabarettistischen Szenen in authentischer kurpfälzischer Dialektfärbung. In diesem Fall ermitteln sie als GBM („Grimminalbolizei Monnem“) unter Publikumsbeteiligung mit Absperrband und Spusi-Anzügen im Fall der ermordeten Pianistin. Die wurde, wie sich herausstellt, durch ein hohes C getötet. Was Smaida Platais schier gehörzerfetzend vorführt. Neben der Operndiva Platais gibt Susanne Back meist die verträumt-romantische Heldin des Wohlklangs, während Anna Krämer gerne mal die Bluesröhre raushängt. Ihr „Neckarbrücken-Blues“ hätte selbst Joy Fleming neidisch machen können, und wenn er sich auf wunderliche Weise mit Unterstützung der Kolleginnen in „Ein Lied kann eine Brücke sein“ und zurück verwandelt, könnte das die Statik einer weniger stabilen Halle in Gefahr bringen.
Zusammen sind sie vor allem dann unschlagbar, wenn sie mit Unschuldsmine bekanntes Liedgut neu betexten: So bekommt Petula Clarks Evergreen „Downtown“ einen neuen Refrain verpasst: „Lockdown – Klopapier, Maskenpflicht“. Stefanie Titus begleitet den gesungenen Wahnsinn mit stoischer Mine am Klavier und lässt gelegentlich eine trockene Bemerkung fallen.
Die Voraussetzung für das Funktionieren dieser Art Humor erfüllen die vier aufs Trefflichste: Perfekte Arrangements paaren sich mit einem ausgeprägten Gefühl für das richtige Timing. Und wie sie es schaffen, die Übergänge zwischen den Liedern und dem gesprochenen Wort so zu gestalten, ohne es als bloßes routiniertes Abspulen einer Nummernrevue erscheinen zu lassen, das bleibt allein ihr Geheimnis.
Wenn Queens „Bohemian Rhapsody“ gegen Ende zu einer brüllend komischen Erzählung der Geschichte des Damenquartetts umgebogen wird, die zudem noch das komplexe Musikarrangement allein durch Gesang und Klavier ersetzt, kennt die Begeisterung des Publikums keine Grenzen mehr. Wenn Freddy Mercurys hingehauchtes „any way the wind blows“ bei den Damen zu „jetz’ e Pärle Rindswörschd“ wird, dann weiß man: Diese Kriminalistinnen holen jeden Anflug von Ernsthaftigkeit gnadenlos vom Sockel.