Die „Griechenland-Rettung“ als Krimi

Wolfgang Schorlau, Buhlsche Mühle, Ettlingen, 5.10.2018

Es ist die Zeit der „Griechenland-Rettung“. Anna Hartmann, Mitarbeiterin des Auswärtigen Amts und im Auftrag der „Troika“ unterwegs, verschwindet spurlos. Ein klarer Fall für den Stuttgarter Privatdetektiv Georg Dengler. Krimiautor Wolfgang Schorlau hat ihn und Anna Hartmann erfunden. Am Donnerstagabend war er auf Einladung der Stadtwerke und der Thalia-Buchhandlung in der Buhlschen Mühle zu Gast und stellte Denglers neunten Fall „Der große Plan“ vor. Nicht alles ist Fiktion in diesem Roman, wie immer bei Schorlau. Der setzt seinem Publikum neben den gelesenen Szenen aus dem Buch die Hintergründe der „Griechenland-Rettung“ auseinander, so wie er sie sieht. Gerettet worden seien deutsche und französische Banken, dafür bluten mussten die Griechen.

In einer eindringlichen Passage lässt sich Schorlaus Privatermittler von einem griechischen Künstler erklären, welche soziale Katastrophe die Arbeit der „Troika“ angerichtet hat. Beispielhaft dafür steht die Figur der Tante Sophia, die ihren Arm verloren hat. Der Grund: Sie konnte sich die Medikamente gegen Diabetes nicht mehr leisten, nachdem die „Retter“ den Griechen eine 40-prozentige Kürzung des Gesundheitsbudgets verordnet hatten. Schorlau erzählt, er habe „damals gar nicht begriffen, um was es eigentlich ging“. Und erklärt dieses Nicht-Begreifen aus der Unfähigkeit der Medien, die Zusammenhänge ans Licht zu bringen. „Zwei Anmerkungen dazu“, sagt er im BNN-Gespräch: „Die erste: Aus der offiziellen Berichterstattung war es nicht zu entnehmen, selbst mit viel gutem Willen, was da eigentlich los ist. Hinzu kam, dass dieses Dilemma von der Bild-Zeitung aber auch anderen großen Medien so dargestellt wurde, als sei es eine Charakterschwäche eines ganzen Volkes, als sei es eine Nationaleigenschaft, dass die Griechen faul sind. Und das ist infam.“ Zugleich räumt er ein: „Ich bin natürlich in der privilegierten Situation, dass ich mich zwei Jahre mit einem Thema intensivst beschäftigen kann. Das können wenige Journalisten und auch wenige Politiker, das ist mir klar.“

Schorlau-Fans sind oft überzeugt, dass er und einige Satiriker und Kabarettisten genau die politische Aufklärung leisteten, die der klassische Journalismus – aus welchen Gründen auch immer – vernachlässige. „Ich höre immer wieder, dass meine Kriminalromane, oder auch die ‚Heute-Show‘ und ‚Die Anstalt‘ zu den wenigen Orte gehörten, wo man noch tatsächliche Recherche betreibt“. Auf der anderen Seite hofft er, dass seine Leser seine Romane einfach auch deshalb zu Bestsellern gemacht haben, weil sie spannende Unterhaltung bieten. Davon gibt es in „Der große Plan“ genug. Er liest eine grausame Szene, in der einer von Denglers möglichen Zeugen in einer Sonnenbank verbrennt. Bei der Frage, ob der Autor manchmal den Wunsch verspüre, sich in seine Hauptfigur zu verwandeln, lacht der erst einmal laut, und meint dann „wahrscheinlich würde ich das nicht überleben. Aber ich habe mir auch durch den Umgang mit vielen Polizisten, die ich kennengelernt habe, so ein bisschen eine kriminalistische Recherchearbeit angewöhnt. Ich weiss, wie Polizisten ermitteln.“