Humor und Kampfeslust
Sisters Of Comedy im Tollhaus, Karlsruhe, 12.11.2019
Bevor die Gastgeberinnen Antje Schumacher und Lissi Hohnerlein ihre komischen Schwestern vorstellen, wird es erst mal ernst. Denn die bundesweite Komikerinnenoffensive findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern – so ihr Selbstverständnis – „in Zeiten, in denen man erneut über Frauenrechte und Meinungsfreiheit diskutieren muss, der Wind von rechts weltweit schärfer bläst und auch in westlichen Kulturen ein sehr konservatives Frauenbild neu propagiert wird, lautet das Motto: Humor ist die Reinform des Widerstands!“ Letzteres Zitat stammt von Lale Akgün, SPD-Politikerin, Therapeutin und Autorin. Sie ist nach Karlsruhe gekommen, um Frauen Mut zu machen, laut – und eben auch mit Humor – für ihre Interessen zu kämpfen.
Katrin Piplies und Betty LaMinga machen den Anfang. Sie sind „Spontankabarettistinnen“. Sie haben, so hat Antje Schumacher angekündigt, nichts vorbereitet. Sie brauchen aber auch nichts. Denn sie haben ja ein Publikum, das ihnen die Stichworte zuruft, aus denen sie dann Improtheater machen. Und was für eines: Wenn beispielsweise zu dem Wort Voltmeter Erklärungen geliefert werden, die das vor Lachen schon sehr geneigte Publikum nicht einmal zu ahnen wagte: „Das Voltmeter an sich ist bekannt seit der Elektrizität an sich, das ist seit 1436. Ein Voltmeter kann alles messen, wenn es Volt enthält“. Die beiden Frauen jedenfalls enthalten sehr viel Volt.
Eine von Andrea Limmers Programmen heisst „Das Schweigen der Limmer“. Die Limmer aber ist das genaue Genteil: was das niederbayrische Rampensau-Urviech da bietet, erinnert manchmal in Diktion, Mimik, Gestik und Sprechtempo an den Kollegen Michael Mittermeier. Die kleine Frau, „postfaktisch 1,95 groß“, kommt aus einem Ort mit sieben Kühen und sieben Einwohnern „und jeder darf wählen“. Sie beobachtet Leute punktgenau und mit derbem, aber liebevollem Spott. Etwa Oma Zilly, die am Telefon Monologe darüber hält, „wer gerade gestorben ist, wer bald sterben wird und wer eigentlich besser sterben soll“.
Marlies Blume entlarvt in schönstem Schwäbisch immer noch existierende Rollenklischees zuerst anhand von Originalzitaten aus einem Katalog „Die moderne Hausfrau“ von 2012. Als wäre der Titel nicht schon verheerend genug, nein: Die moderne Hausfrau kann auch „Dampf ablassen mit dem neuen Heizkörperablüfter“. Dass Blume die Welt der Prinzessinnen ganz in Rosa auf die Schippe nimmt, ist nichts Neues, aber es kommt hier nicht auf das „was“, sondern das „wie“ an: schrill und dennoch intelligent. Anna Krämer schließlich lässt eine „Monnemer Schlappgosch“ gegen die roboterhafte, künstliche, affektierte Welt einer Fastfood-Kette antreten, bis der Zuhörer nicht mehr weiss, ob er sich vor Lachen wegwerfen oder sich gruseln soll. Wenn schon Essen bestellen zum Horrortrip wird, hilft nur noch brillanter Gesang. Den hat sie natürlich als musicalgestählte Stimme jederzeit in allen Tonlagen parat – ebenso wie das Flugbegleiterinnen-Trio Dreist (Antje Schumacher, Silvia Dias und Julia Vukelic). Die verwandeln die Tollhaus Bühne zum Abschluss mit Ausschnitten aus ihrem Programm in ein unheimliche Reise in einem merkwürdigen Flugzeug, immer darstellerisch glänzend am Rande des Absturzes einher zitternd, in perfekt arrangierten Gesangssätzen dabei stets auf Dienstgipfelhöhe.