Lauter laute Neo Hippies

Spiritual Beggars / Wolvespirit im Sunstage, 14. April 2016

Es gibt Bands, die klingen nicht einfach „wie 1971“. Bands, bei denen man glaubt, es sei tatsächlich 1971. WolveSpirit, denen an diesem Abend die durchaus dankbare Aufgabe zukommt, für die Spiritual Beggars zu eröffnen, sind so eine Band.

Sie hätten mit Sicherheit ein Poster von Uschi Obermaier an der Wand hängen, wären sie denn eine WG und keine Rockband. Sängerin Debbie Craft jedenfalls ist – von Kleidung bis Ausdruchstanz die perfekte Wiedergängerin eines Hippie-Girls. Musikalisch passt sowieso alles: Etwas schludriger als auf den Studiovorlagen und mit einem irritierend unausgewogenen Sound (der aber eben auch perfekt retro klingt!) kriegen sie die Generationengemischete Anhängerschaft des schwedischen Top-Acts auf ihre Seite.  Die haben dann leichtes Spiel: Selbst wenn die Musik keine Erregungszustände anböte, allein die physische Präsenz der Spiritual Beggars würde reichen, Adrenalinschübe auszulösen. Da ist Mick Amott, stets in gebückter Angriffshaltung mit irre flackerndem Blick. Seine Gitarre ist ihm Waffe und Kuscheltier gleichzeitig, er ist dabei Michael Schenker nicht unähnlich, und sein exzessiver WahWah-Gebrauch setzt seinen Soli die Schaumkrone auf. Da ist der stoische Prügler Ludwig Witt an den Trommeln, der zusammen mit dem breitbeinigen Turm von Mensch Sharlee D’Angelo am Bass brachial fundamentalistisch den Unterbauch bedient. Per Wibergs Orgel macht die Räume inzwischen so dicht, dass man sich an das Uriah-Heep-Klanggesetz Nummer eins erinnert fühlt: Alles brüllt, und zwar immer. Bei Sänger Apollo Papathanasio wirkt das Satanszeichen, als würde er ein neues Bier bestellen. Dabei hat er hörbar Freude, auch den alten Songs seinen hymnischen Ausdruck zu verpassen. Nein, die Beggars sind nicht böse, sie haben nur eine riesen Spass und in ihren besten Momenten immer ein düster leierndes Riff in der Hinterhand. Das gut abgehangene ›Young Man, Old Soul‹ stampft durch Black Sabbath-Terrain, in ›Lonely Freesdom‹ wird das hypnotisierende Kampf-Geriffe so intensiv penetriert, bis einem wirklich angst und bang wird. Vor Freude. Die neuen Songs von Sunrise To Sundown fügen sich nicht zuletzt ob des leicht erhöhten Mitsingfaktors perfekt in die Setlist und der Abend rundet sich zum Fest. Retro? Stoner Rock? Ach was: einfach Musik zum reinsetzen!