Elektrisierter Grundblues. Mit alles, scharf.

Stoppok und Band im Tollhaus, Karlsruhe, 26.11.2014

Stefan Stoppok, der unbeugsame Propagandist des ewigen „Grundblues“, geht es beim Konzert mit neubesetzter Band im Tollhaus so an, wie es sich für ein echtes Sumpfhuhn gehört: Im Sitzen mit der akustischen dirigiert er seine Mannen durchs Mississippi Delta, und beschallt das Publikum mit gleich mehreren Nummern vom aktuellen Album „Popschutz“. Will man den Titel als „Schutz vor Pop“ interpretieren, bekommt man das im Konzert noch einmal bestätigt: der Groove dieser Band ist noch erdiger als bisher. Was zu einem Gutteil dem prominenten Neuzugang Wally Ingram am Schlagzeug zu verdanken ist. Er hat für Stars wie David Lindley oder Sheryl Crow getrommelt und bringt sein hochgradig perkussives Spiel in die Stoppok-Band ein, ohne deren althergebrachte Lässigkeit zu beschädigen.

Sie können aber auch anders: Der Klassiker „Schwafel nicht“ ist die erste strikt rockende Nummer des Abends, fast 20 Jahre alt und immer noch von bestechender Gültigkeit: „Trotz alledem wäre es ja auch möglich, kleine Türen und Fenster in die Mauern zu schlagen und ab und zu mal einen kleinen oder großen Blick zu wagen, um zu sehen, was es noch außer Jugend und Schönheit und Fortschritt und Kampfgeist auf dieser Welt gibt“ singt Stoppok und die Menschen im Saal sind ganz bei ihm. Das trotzige Bekenntnis zum „echt sein“ zieht sich bis heute durch das Werk des Songschreibers und sichert ihm seine Glaubwürdigkeit. Seine persönlichen Geschichten sind eben auch politisches Statement, aber weit entfernt von tagespolitischer Empörungslyrik und sitzen auf der genauso zeitlosen Musik wie der berühmte Deckel auf dem Topf.

Alles Verspielte mal fahren lassen ist die Devise von „Du brauchst Personal“, noch so ein rotziger Song aus dem reichhaltigen Fundus. Rock’n’Roll ohne wenn und aber, und spätestens da zeigt sich auch die besondere Qualität des Gitarristen Stefan Stoppok: völlig unaufgeregte Soli mit dennoch höchst elektrisierender Wirkung zu spielen, und dabei stilistisch in einem hart rockenden Umfeld größtmöglichen Abstand zu Gitarrenhelden-Klischees zu wahren, wie irgend geht.

Auch an diesem Abend wird Stoppok seinem Ruf als Entertainer mit einem besonders trockene Humor gerecht. Seine bemerkenswerte Gitarrensammlung auf der Bühne erklärt er ganz lapidar: „Ich könnte das alles ja auch auf der Ukulele spielen. Aber man will ja auch zeigen, was man hat“. Man hat auch noch mehr Publikumsfavoriten. „Was Du mir gestern erzählt hast“ ist eine dieser lakonisch erzählten Geschichten, bei denen der Zuhörer sofort eine WG-Küche als Ort der Handlung herbeihalluzinieren könnte. Bis es – als Tribut an den kürzlich verstorbenen Jack Bruce – in „White Room“ übergeht. Die Classic-Rock Ekstase wird aber noch aufgeschoben, davor setzen die Herren ganz überraschend ein Cover des Kraftwerk-Hits „Das Model“. Merkwürdig, aber kann man ja mal machen. Bei den Zugaben (selbstverständlich inklusive „Dumpfbacke“) sind sie dann da, wo der Blues immer hingeht, wenn ihn der Hafer sticht: Klassischer Rock mit 70er-Jahre-Feeling und ausgefransten Soli „mit alles“ inklusive Schweineorgel, scharf.