Pop kann so schön rocken
Chris Thompson und Band, Fabrik, Bruchsal, 5.2.2015
Es ist nicht einmal ein Jahr her, dass Chris Thompson und seine Band die Bruchsaler Fabrik in einen Hexenkessel mitsingbereiter Fans im eher gesetzten Alter verwandelt haben. Und siehe da: Der ehemalige Manfred Mann-Sänger und seine hochkarätigen norwegischen Mitstreiter schaffen es auch an diesem Donnerstagabend wieder, die alten Hymnen in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Eigentlich geht es ja bei der diesjährigen Tournee darum, die vierzig Jahre andauernde Karriere des Sängers zu feiern.
Dazu gibt es eine CD mit dem bezeichnenden Titel „Jukebox“, und ein paar Mal lässt Thompson dem Publikum sogar die Wahl zwischen jeweils drei Stücken. Kein Problem, denn fast alles, was in dieser Musikbox drin ist, war mal ein Hit – und wenn nicht, hätte es zumindest das Potenzial. Wie im vergangenen Jahr konzentriert sich das zweieinhalbstündige Programm vor allem auf die Klassiker von Manfred Manns Earthband.
Dabei zeigen die Musiker die gleichen Qualitäten, die bis heute auch die Konzerte der Earthband (mit anderem Sänger) so spannend machen: Sie begnügen sich nie mit der Reproduktion einer Studiovorlage, sondern schaffen neue Klangräume, arrangieren Soli anders, bauen ein paar Takte Raum für Improvisationen ein. Besonders heftig geht es in „Don’t Kill it Carol“ zu, bei dem sich Gitarrist Mats Eriksen und Keyboarder Gunnar Bjelland schier schwindlig spielen, aber das mit dem stoischen Gesichtsausdruck, den vermutlich nur Skandinavier in Momenten höchster Ekstase hinkriegen. Der Meister selbst spielt dazu eine krawallige Rhythmusgitarre und tigert auf der Bühne herum wie ein Junger. Es ist einfach eine Freude, diesen älteren Herren beim „kontrollierten Durchknallen“ zuzuschauen. Vierzig Jahre, das sei doch unglaublich, hat Thompson zu Beginn des Konzerts gescherzt. Da müsse er ja mit drei oder vier Jahren angefangen haben. In Wirklichkeit wird er in ein paar Wochen 68 Jahre alt sein.
Natürlich ist auch an seiner Stimme der Zahn der Zeit nicht spurlos vorüber gegangen. Besonders in leiseren Passagen wirkt sie brüchig. Aber wenn er richtig Gas gibt und mit Hochdruck singt, sind diese Sprödigkeiten vollkommen verflogen. So hört man das epische „Spirits in the Night“ (2014 nicht im Programm) in einer härteren, druckvolleren Version, bei der Gitarrist Mads Eriksen so nebenbei mal vorführt, dass er nicht nur lichtschnelle Soli drauf hat, sondern die Räume auch mit gefühlvollen Tönen zu füllen weiss, ohne dabei in standardisierte Klischee-Kitsch-Hardrock-Manierismen zu verfallen. Die Greatest Hits-Kollektion wird ergänzt durch handverlesene Perlen aus Thompsons Solowerken, und als vergessenes Glanzstück gibt es den Song „Runner“, 1984 für die Olympiade geschrieben. Der macht besonders lautstark erlebbar, was als Motto über dem ganzen Abend gestanden haben könnte: Die Verwandlung von 80er-Jahre Popmusik in zeitlosen Rock. Ein Kunststück, das nicht jedem gelingt.