Blues von der Sonnenseite des Lebens
Jubez, Karlsruhe, 22.11.2019
Es mag ja ein abgedroschenes Klischee sein, aber weil Thorbjørn Risager und seine glorreichen Sieben zum ersten Mal in Karlsruhe gastieren, sei es hier gestattet: Wer den Mann nicht kennt, nicht sieht und nur singen hört, der glaubt, er habe einen alten, dicken schwarzen Mann aus dem Mississippi-Delta vor sich, Dann öffnet er die Augen und sieht einen langen, höchstens zehn Gramm schweren Schlacks vor sich, Typ Weisser-Riese im Anzug.
Der sich quietschfidel freut, zum erstenmal in dieser „wunderschönen Stadt“ Karlsruhe vor einem Publikum aus „wunderschönen Menschen“ zu spielen. „Alles ist gut“, verkündet der Mann, der vor 48 Jahren in der Nähe von Roskilde auf die Welt kam. Das wird er noch öfter sagen.
Und so hebt seine Band, die offenbar aus ebensolchen Glückskeksen besteht wie der Meister selbst, mit ihrer Sichtweise des Blues an. Das Plattenfirmeninfo, das ausnahmsweise nicht lügt, spricht von einem „undogmatischen und innovativen Umgang mit dem Blues“. Es ist der Blues des lächelnden weißen Mannes, der die musikalischen Zutaten kennt, die Schwermut braucht, sie aber mit größter Treffsicherheit und vollkommen unpeinlich ins Sonnige hinwendet
Risager selbst brilliert dabei vor allem als Sänger, sein Gitarrenspiel ist eher unspektakulär, aber effektiv, und auch sein Gitarren-Sidekick Joachim Svensmark ist eigentlich nur Wasserträger für den kompakten Gesamtklang der Band, dem alles untergeordnet ist. Ego-Trips sind tabu, und so fühlt man sich als Zuhörer wie wie in einem warmen weichen Ohrensessel, in dem man sich genüsslich räkeln kann.
Gelegentlich wird der zum Schaukelstuhl. Wie im geradlinigen Rocker „Come On In“. Kein Gramm überflüssiges Arrangementfett hat dieses Kabinettstückchen, und die zwei punktgenau landenden Bläser Hans Nybo und Peter Kehl widerstehen der Versuchung, alles zuzuhupen. „Sin City“ hat diese wunderbar hypnotisierende Schwere, dieses staubtrockene Pumpen und Grummeln, das vor 50 Jahren die ersten Alben von Free auszeichnete, die seinerzeit die Latte für unaufgeregten, aber dafür umso mehr unter die Haut gehenden Blues-Rock sehr hoch legten.
Risager und seine Komplizen inszenieren übergangslos Stimmungswechsel wie einen plötzlichen Wetterumschwung, und ebenso wie diesen nimmt es der Zuhörer als naturgegeben wahr. In „China Gate“ beginnt Risager er alleine einen Hauch von Gitarrenmelodie hinzutupfen, die Takt um Takt, Wiederholung um Wiederholung an Intensität zunimmt. So, als schöben siech dunkle Wolken ins Bild, kurz bevor der Regen anfängt. Aber der schwarze Tormado kann eben auch anders: Knarzend funky oder auch mal vornehm nach Samt und Seide müffelnd, als ginge es darum, einen Robert Cray-Soundalike-Wettbewerb zu gewinnen. Weil es bei dieser Tour ja erklärtermassen um „Party machen“ geht, wird Risager auch auch immer wieder beim Publikum in Sachen Mitsingen, bittesehr, vorstellig. „I wanna rock, I wanna roll, I wanna Ride“, heisst es da, und die Karlsruher singen entflammt „into the night“, Risager antwortet „die ganze Nacht.“ Alles ist gut. Dänen lügen nicht. Quod erat demonstrandum.