Überzeugungstäter in Sachen Melodic Rock
Unisonic, Bruchsal, Fabrik, 9.6.2010
Legt man die Messlatte hoch, könnte man Unisonic als neue Supergroup des Melodic-Hard-Rock bezeichnen: Drummer Kosta Zafiriou, Bassist Dennis Ward (die Rhythmussection der Karlsruher Pink Cream 69), Gitarrist Mandy Meyer (ehemals Asia, Krokus, Gotthard) und Sänger Michael Kiske (Ex-Helloween) haben diese Band zusammen gegründet.
Will man nicht gleich in höchsten Superlativen schwärmen, lässt sich nach dem Konzert im der Fabrik am Mittwochabend doch zumindest feststellen: hier haben sich Überzeugungstäter zusammengefunden, um einer von zu vielen Klischeeproduktionen in Misskredit gebrachten Musikrichtung die Ehrenrettung zu verschaffen..
Mangels noch nicht fertig ausgereiftem neuem Material spielen sie vor allem Songs der beiden CDs des Projekts Place Vendome, an dem Kiske, Zafiriou und Ward beteiligt waren. Und das sind melodiesüffige, teils pathetische, teils treibende Rocker mit einem ausgeprägten Sinn für Dramaturgie, Dynamik und gelegentlichen progressiven Elementen. Niemand hat diese Songs je zuvor live gehört. Bruchsal ist das dritte „Warm Up“ Konzert für große europäische Hardrockfestivals, und Michael Kiske ist nach 17 Jahren zurück auf der Bühne: „Ich hab‘ ne Zeitlang gedacht, ich würde das nie mehr machen“, grinst er „Aber jetzt finde ich es gut, dass ich es wieder mache“. Das freut die Fans des Sängers, der seither nur (eher sanfte, überwiegend akustische) Studioalben veröffentlichte. Das hier ist etwas ganz anderes: Majestätisch, zupackend. Kiske ist kein Metal-Shouter, aber auch keine dieser nervigen Opernarien-Knödler. Er singt einfach. Gut. Gefühlvoll, mit einer natürlichen, unverstellten Bühnenpräsenz, als wäre er nie weggewesen. Seine Qualtäten werden besonders deutlich bei einer Midtempo-Halb-Ballade wie „Set me free“, die er mit sicherem Kehlkopf am Kitsch vorbeisteuert. Im Rücken hat er eine Rhythmusabteilung, die so gnadenlos auf den Punkt spielt, dass man allein davor erschauern möchte. Mandy Meyer ist ein Gitarrist, der sowohl die Flitzefinger-Akrobatik aus dem EffEff beherrscht, sich andererseits aber auch zurücknehmen kann, wenn es der Song verlangt. Gebündelt kommen die Qualitäten dieser Band zum Erstrahlen in „Sign Of The Times“, das in wenigen Minuten alles vereint, was guten „Classic Rock“ ausmacht: Eine monolithisches Riff mit dem Stallgeruch von Led Zeppelin, die Auflösung zum sonnigen Refrain, die aber erst über einige Stufen ansteigt, bevor sie beim Klimax ankommt. Unterfüttert von einem „Wall Of Sound“, kulminierend in einem kurzen, aber um so eruptiveren Gitarrensolo, das mitten in den Solarplexus zielt. Ach, schwindlig hören möchte man sich an solch komprimierter Rumpelkunst.
Gerade mal einen neuen Song, den sie zusammen geschrieben haben, bringen sie auf die Bühne: „Souls Alive“ zeigt eine etwas härtere, aber zugleich filigrane Seite, und erinnert von ferne an frühe Solo-Alben des Iron Maiden Sängers Bruce Dickinson, was ja nicht die schlechteste Wahlverwandtschaft ist. Und ganz zum Schluss greift Kiske sogar noch in die Helloween Mottenkiste: „Das höätte ich nicht gedacht, dass ich diesen Song nochmal singen würde“.sagt er über „Kids Of The Century“. Die Fans wohl auch nicht, wie man an der hoch enthusiasmierten Reaktion sieht.